Jacob de Wit, Zeichner
Friede und Eintracht führen zu Freiheit und Überfluss - Deckenentwurf für das Haus Grote Markt 13b in Haarlem, 1739
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Jacob de Wit, Zeichner

Friede und Eintracht führen zu Freiheit und Überfluss - Deckenentwurf für das Haus Grote Markt 13b in Haarlem, 1739

Jacob de Wit, Zeichner

Friede und Eintracht führen zu Freiheit und Überfluss - Deckenentwurf für das Haus Grote Markt 13b in Haarlem, 1739

Zeichnungen wie das vorliegende Blatt dienten vermutlich als Präsentationsvorlage. Die eigenhändige Beischrift in Feder nennt als Auftraggeber den Haarlemer „Secretaris“ van Valkenburgh, der mit Mattheus Willem van Valkenburg (1718–1784) identifiziert werden kann. Dieser bekleidete neben anderen Ämtern bis 1744 den Posten eines Sekretärs in Haarlem; in seiner Nachlassauktion 1784 wurde die Hamburger Zeichnung zum Verkauf angeboten.(Anm.1) 1737 erbte Van Valkenburg das Haus am Grote Markt 13 b, das er 1738 bezog und seinem Geschmack entsprechend neu einrichten ließ.(Anm.2) Die 1739 datierte Hamburger Zeichnung entstand sicherlich im Zusammenhang mit diesen Umbaumaßnahmen, wohl als Entwurf für das Deckenbild des Saales.(Anm.3) Wie Van Valkenburg selbst rückseitig mit Graphit annotierte, sind hier „Friede und Eintracht in Begleitung von Freiheit und Überfluss“ dargestellt: Im Zentrum der Komposition thronen Friede und Eintracht, mit einem Ölzweig bzw. gebündelten Pfeilen in der Hand. Flankiert werden sie links durch die Freiheit – mit dem Helm der Bellona und dem auf einer Stange hochgehaltenen Hut – und rechts durch Abundantia mit überfließendem Füllhorn. Dieses Bildprogramm versteht sich nicht als Kommentar zum politischen Tagesgeschehen – 1739 herrschte Frieden in den Niederlanden – sondern illustriert allgemeine Werte, die dem Auftraggeber offensichtlich am Herzen lagen.(Anm.4)
Ergänzt wurde das zentrale Bild durch vier auf diesem Entwurf nicht dargestellte Eckstücke in Grisaillemalerei, einer Spezialität des Künstlers, weshalb diese Arbeiten in Anspielung auf seinen Namen auch „Witjes“ genannt wurden.(Anm.5)
Ein gemalter „modello“ wurde in der Nachlassauktion des Künstlers aufgeführt, gilt heute aber als verschollen.(Anm.6) Im Frankfurter Museum für Angewandte Kunst befand sich ehemals ein Deckenbild, das mindestens mit der linken Seite der Hamburger Zeichnung übereingestimmt haben muss.(Anm.7)

Annemarie Stefes

1 Vgl. http://www.valkenburgh.nl/ped-haarlem.html und C. C. van Valkenburg: De noordzijde van de Grote Markt van omstreks 1600 tot 1900, met een terugblik, in: Bert C. Sliggers: Brinkmann aan de Grote Markt. 4000 jaar geschiedenis Hartje Haarlem, Haarlem 1982, S. 32-65, S. 44–48.
2 Mitteilung von Bert Sliggers, Teylers Museum, 5. 11. 2009; vgl. C. C. van Valkenburg: De noordzijde van de Grote Markt van omstreks 1600 tot 1900, met een terugblik, in: Sliggers 1982 a, S. 32-65, S. 44, 45.
3 1752 erwarb Van Valkenburg das Nachbarhaus Nr. 13 a. Anschließend wurden beide Häuser zu einem größeren Gebäude vereinigt, wonach das durch unser Blatt dokumentierte Deckenbild das Seitenzimmer schmückte, vgl. C. C. van Valkenburg: De noordzijde van de Grote Markt van omstreks 1600 tot 1900, met een terugblik, in: Bert C. Sliggers: Brinkmann aan de Grote Markt. 4000 jaar geschiedenis Hartje Haarlem, Haarlem 1982, S. 32-65, S. 46, der allerdings in Unkenntnis des datierten Hamburger Entwurfs an der tatsächlichen Ausführung des geplanten Deckenbildes zweifelte und sich lediglich auf den unter Anm. 2 zitierten „modello“ bezog, vgl. ebd. S. 47–48.
4 Wie von Robert-Jan te Rijdt vorgeschlagen, ist die Apotheose der wohlstandsfördernden Werte „Friede“ und „Eintracht“ eher auf die Aufgaben eines Stadtregenten zu beziehen; Mitteilung per Brief, 30. 12. 2009; vgl. auch ein Deckenbild des Dionys van Nimwegen, „Friede durch gute Regierung“, Amsterdam, Privatbesitz, Jan Wolter Niemeijer: De ateliernalatenschap van het Rotterdamse schildergeslacht Van Nimwegen, in: Bulletin van het Rijksmuseum 17, 1969, S. 73-74, Abb. 20. Zu dem ikonographischen Programm vgl. auch Wagner, in: Eckhard Schaar: Rembrandt und sein Jahrhundert, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle 1994. Der Hut der Freiheit ist auch dargestellt auf einer Rötelzeichnung De Wits in Leiden, Prentenkabinet der Universiteit, Inv.-Nr. PK 3663.
5 Auf diese Eckstücke verweist die eigenhändige Beischrift („Plafond für den Hochedlen Herrn van Valkenburgh, Sekretär in Haarlem, 1739 gemalt mit noch 4 grauen Eckstücken“); vgl. Adolph Staring: Jacob de Wit 1695-1754, Amsterdam 1958, S. 76 und A. H. P. J. van den Hout: Jacob de Wit en de internationale barok. Stilistische opmerkingen bij jet werk van 'de Rubens van de achttiende eeuw', in: Putti en Cherubijntjes. Het religieuze werk van Jacob de Wit (1695-1754), Ausst.-Kat. Amsterdam 1995, S. 93-121, S. 110. Auch Van Valkenburg notierte rückseitig offenbar die Themen dieser „Witjes“: „Ein Löwe bei der Eintracht“; „Die Sklaverei wird gelöst … durch Tapferkeit“.
6 Aukt.-Kat. Amsterdam, 10. 3. 1755 (Lugt Ventes 869), Nr. 124: „Un dito [très beau plafond] pour Monsieur Valkenburg à Haarlem“. Dieser „modello“ entstand möglicherweise erst nach Erwerb der Nr. 13 a, siehe Anm. 7 (freundlicher Hinweis von Robert-Jan te Rijdt, 7. 4. 2010). – Adolph Staring: Jacob de Wit 1695-1754, Amsterdam 1958, S. 85 brachte den „modello“ irrtümlich mit dem Rotterdamer Cornelis Wittert van Valkenburg in Verbindung, für den De Wit 1725 ein Deckengemälde angefertigt hatte, ebd. Abb. 62, doch dieser war 1739 bereits gestorben.
7 Hinweis von Janno van Tatenhove (Brief vom 27. 8. 1990 im Archiv des Kupferstichkabinetts), basierend auf einer alten Postkarte des Museums und einer Mitteilung von Dr. Hans Voss (1957). Eine mit diesem Bild vermutlich korrespondierende Zeichnung der Sammlung Goldschmidt-Rothschild gilt heute ebenfalls als vermisst.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Unten links signiert: "JDWit"; auf dem Verso unten in der Mitte bezeichnet und datiert: "Blaffon voor d'welEdleHeer van valkenburgh Secretaris tot Haerlem / 1739 geschildert metnogh 4 graeuw Hoek Stucken" (Feder in Braun)

Auf dem Verso unten links bezeichnet: "Een land by de / Eendragt"; unten in der Mitte bezeichnet: "De vreden en Eendragt verselt / van de vrijhijt, en Overvloet"; unten rechts bezeichnet: "de Slavernij wert verbrok ... [verdeckt] / Door Dapperhijt" (Graphit); in der Mitte Stempel der Hamburger Kunsthalle (L. 1233)

Wasserzeichen / Kettenlinien

BEAUVAIS, vgl. Heawood 1820 (Den Haag 1729)
29-30 mm (h)

Provenienz

Mattheus Willem van Valkenburg (1718-1784), Haarlem; dessen Auktion, Haarlem 1784 (Lugt, Ventes 3724) („Een dito [Plaffon], verbeeldende Vrede en Eendragt, verzeld door Vryheid en Overvloed, door dezelve [J. de Wit]“); Prof. Ludwig Knaus (1829-1910), Berlin (ohne L. 1576); erworben 1939 bei C. G. Boerner, Leipzig, 28. 4. 1939

Bibliographie

Stefes, Annemarie: Niederländische Zeichnungen 1450-1850. Katalog II van Musscher - Zegelaar, hrsg. von Gaßner, Hubertus und Stolzenburg, Andreas, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 3, Böhlau Verlag Köln Weimar Wien 2011, S.633-634, Nr.1210

Rembrandt und sein Jahrhundert, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle 1994, Nr.125

Versteigerungskatalog 201. Handzeichnungen der Brüder Olivier. Deutsche Zeichnungen des XIX. Jahrhunderts. Handzeichnungen alter Meister des XV.-XVIII. Jahrhunderts. Deutsche Graphik des frühen XIX. Jahrhunderts, Auktion 201, C. G. Boerner, 28.4.1939, Leipzig, 1939, S.47, Nr.448, Abb.Taf. XXXVI

Gemälde und Handzeichnungen alter Meister. Aus dem Nachlass von Professor Ludwig Knaus - Berlin, 30.10.1917, Rudolf Lepke's Kunst-Auctionshaus, Berlin 1917, S.29, Nr.50

Catalogus Van een fraaye Verzameling ... Prenten, konstige Tekeningen, fraaye gebonde Werken, konsitge en plaisante Schilderyen, physische Instrumenten en Rariteiten. Alle Nagelaaten door wylen den Wel-Ed. Gestr. Heer en Mr. M. W. van Valkenburg, Vincent van der Vinne, Fredrik van de Waereld, 17. 5. und folgende Tage, Haarlem, 1784, S.6, Album B, Nr.42