Hans Holbein d. J., Kopie
Baslerin mit Federbarett, um 1700
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Hans Holbein d. J., Kopie

Baslerin mit Federbarett, um 1700

Hans Holbein d. J., Kopie

Baslerin mit Federbarett, um 1700

Die Baslerin mit Federbarett geht auf eine verlorene Zeichnung Hans Holbeins d. J. zurück, die er zusammen mit anderen Kostümstudien um 1523 schuf. Auf dem Verso des Blattes ist Niklaus Manuel Deutsch (1528– 1588) als Autor vorgeschlagen, doch gibt es keine Verbindung zu Zeichnungen des Schweizers. In Basel befindet sich eine andere Kopie, für die Christian Müller versuchsweise den Basler Maler Hans Hug Kluber (1535/36 –1578) als Autor vorgeschlagen hat.(Anm.1) Das verschollene Original Holbeins oder die Kopie in Basel hat Christian von Mechel (1737–1817) gestochen und in seinem „Recueil de XII costumes Suisses Civils et Militaires, Hommes et Femmes, du seizième siècle“ 1790 in Basel als Tafel 3 mit der Beischrift veröffentlicht: „Costume Suisse du 16me Siècle d’après le Dessin original du célèbre Jean Holbein quise trouve à la Bibliothèque publique de Basle“.
Das vorliegende Blatt kann auf Grund des Wasserzeichens nicht vor Ende des 17. Jahrhunderts entstanden sein. Der Narr mit M und der Kreuzstange ist zwischen 1682 und 1693 bei der Basler Papierfabrik des Jakob II. Heusler (1679–1727) dokumentiert.(Anm.2) Zwei weitere Kopien nach Holbeins Kostümstudien in Bern tragen ein ähnliches, ebenfalls 1688 bei Heusler dokumentiertes Wasserzeichen.(Anm.3) Die Berner Kostümblätter können also ebenfalls erst um 1700 entstanden sein, doch konnte bisher die Hand des Zeichners nicht festgestellt werden. Sicher ist allerdings, dass er nicht mit den Kopisten der im Basler Kupferstichkabinett befindlichen Holbein-Kopien identisch ist, denn er imitierte die von Holbein bevorzugte Technik der lavierten Federzeichnung und benutzte annähernd gleiche Papier- und Figurenmaße. Abweichungen gegenüber den Originalen bestehen dagegen in der Wiedergabe der Hintergründe und des Halsschmucks.(Anm.4)
Das Festgestellte trifft auch auf das Hamburger Blatt zu, allerdings ist es beschnitten, weshalb die Maße heute den Blättern in Bern und Basel nicht mehr entsprechen. Aber auch der Zeichner des Hamburger Blattes reduziert den Hintergrund auf eine lavierte Fläche und lässt die um die Schultern gelegte Kette weg. Die Lavierung und Modellierung ist ebenso wie die etwas unsichere Linienführung des Kontur ähnlich, so dass für die Berner Blätter und die Hamburger Zeichnung derselbe unbekannte Meister anzunehmen ist.(Anm.5)
Als Vorlagen sind Mechels Aquatinta-Blätter auszuschließen, da sie in einigen Details wie der Angabe des Schmucks oder auch des Hintergrunds von den Zeichnungen in Bern und Hamburg abweichen. Der Kopist der Blätter in Bern und Hamburg hat die Zeichnungen wahrscheinlich direkt nach Holbeins Kostümstudien ausgeführt, die in der Mitte des 17. Jahrhunderts im Inventar F des Amerbach-Kabinetts und in einem späteren Verzeichnis des Theologieprofessors Jakob Christoph Beck (1711–1785) von 1775 unter sechs Trachtenbildern aufgeführt werden.(Anm.6)
Zuletzt haben Müller und von Borries die Identifizierung als Dirne noch einmal bekräftigt. Von Borries hat darauf hingewiesen, dass es sich bei den Kostümstudien um Schildhalterdarstellungen handelt, deren Schilde an den ausgestreckten Händen zu ergänzen seien, was die teilweise etwas unmotivierte Handhaltung erklären würde.(Anm.7)

Peter Prange

1 Basel, Kunstmuseum, Kupferstichkabinett, Inv.-Nr. 1662.143, vgl. Christian Müller: Hans Holbein d. J. Zeichnungen aus dem Kupferstichkabinett der Öffentlichen Kunstsammlung Basel, Ausst.-Kat. Basel 1988, S. 144, Nr. 42; Kat. Basel 1996, S. 98, Nr. 145.
2 W. Fr. Tschudin: The ancient Paper-Mills of Basle and their marks, Monumenta Chartae Papyraceae Historiam Illustrantia, Bd. VII, Hilversum 1958, S. 135, Nr. 382–390.
3 Bern, Kunstmuseum, Graphische Sammlung, Inv.-Nr. A 0927 und A 6357, vgl. Alte Meister. Zeichnungen und Aquarelle aus der Graphischen Sammlung, Kunstmuseum, Ausst.-Kat. Bern 2000, S. 98. Zum Wasserzeichen siehe Tschudin (Anm. 2), S. 135, Nr. 386, Abb. S. 209.
4 Vgl. hierzu Ausst.-Kat. Bern 2000, S. 98.
5 Diese Annahme steht allerdings unter dem Vorbehalt, dass der Verfasser bisher keine Gelegenheit hatte, die Berner Blätter im Original zu sehen.
6 Kat. Basel 1996, S. 95 und S. 282. Vgl. auch Ausst.-Kat. Bern 2000, S. 99.
7 Kat. Basel 1996, S. 96; Johann Eckart von Borries: Rezension zu Kat. Basel 1996, in: Kunstchronik 42, 1989, S. 292.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Auf dem Verso bezeichnet: "Manuel Deutsch" (Bleistift)

Wasserzeichen / Kettenlinien

Narrenkopf, darunter Kreuzstange und M (Heusler 1682 bzw. 1688, ähnlich Tschudin 382 und 386)

Provenienz

Johann August Gottlob Weigel (1773-1846), Leipzig (nicht bei Lugt); Ludwig Hermann Philippi (1848-1908), Hamburg (L. 1335); Legat Philippi 1908 an die Hamburger Kunsthalle

Bibliographie

Peter Prange: Deutsche Zeichnungen 1450-1800. Katalog, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 1, Köln u.a. 2007, S.188-189, Nr.393

Catalog der berühmten Sammlung von Original-Handzeichnungen aller Schulen darunter der gesammte Kunst-Nachlass des Joh. Elias Ridinger aus dem Besitz des verst. Herrn J. A. G. Weigel in Leipzig, 15. Mai und folgende Tage 1883, H. G. Gutekunst, Stuttgart 1883, S.57, Nr.448

Catalog einer Sammlung von Original-Handzeichnungen der deutschen, holländischen, flandrischen, italienischen, französischen, spanischen und englischen Schule gegründet und hinterlassen von J. A. G. Weigel in Leipzig, Leipzig 1869, S.6, Nr.25

J. A. G. Weigel: Aehrenlese auf dem Felde der Kunst. Eine ausführliche Beschreibung von Originalhandzeichnungen und Nadelarbeiten der Maler. Erste Abtheilung. Originalhandzeichnungen, Leipzig 1836, Nr.19