Giovanni Battista Tiepolo (Nachahmer)
Herrscher (Doge ?) mit zwei Begleitern,
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Giovanni Battista Tiepolo (Nachahmer)

Herrscher (Doge ?) mit zwei Begleitern,

Giovanni Battista Tiepolo (Nachahmer)

Herrscher (Doge ?) mit zwei Begleitern

Das Blatt gelangte 1918 als Werk Tiepolos in die Sammlung. Diese Einschätzung wurde von Janos Scholz wohl in den 1960er Jahren in Frage gestellt.(Anm.1) Seitdem blieb die Zeichnung unbeachtet. Unbestreitbar erinnert das Blatt hinsichtlich Form, Komposition und Zeichenstil an Tiepolo. So gibt es grundsätzliche Übereinstimmungen zu den zahlreichen Grisaille-Rundbildern mit Figuren, die der Künstler vor allem für die Villen und Paläste im Veneto und in Venedig geschaffen hat. Beispielhaft seien diejenigen für den Palazzo Barbarigo bei Santa Maria del Giglio in Venedig genannt.(Anm.2) Davon abgesehen gehören ähnliche Dreiergruppen und Profilansichten zum allgemeinen Formenrepertoire Tiepolos und lassen sich auch auf Ölgemälden nachweisen.(Anm.3)
Die Übereinstimmungen in der Zeichentechnik betreffen vor allem die Art, wie Gewänder und Gesichter laviert sind. Hierzu finden sich z. B. zahlreiche allgemein vergleichbare Figurenstudien im Victoria & Albert Museum in London.(Anm.4) Allerdings sind dort die Gewänder der Figuren insgesamt durch eine stärker variierende Lavierung plastischer herausgearbeitet. Höchst ungewöhnlich für den Zeichner Tiepolo ist die Staffelung von Personen in strenger Profilansicht.(Anm.5) Dies kann ein Zufall der Überlieferung sein, da sich dieses Motiv auf mehreren Gemälden nachweisen lässt. Selten ist zudem die Form eines Rundbildes, das in seiner weitreichenden Lavierung wie eines der oben beschriebenen Grisaillebilder angelegt ist. Hierfür findet sich offensichtlich kein vergleichbares Beispiel im umfangreichen publizierten Bestand an Tiepolo-Zeichnungen. Aufgrund dieser Beobachtungen ist es sehr fraglich, ob das Hamburger Blatt, wie auf einer unsignierten Kartonnotiz vermerkt, auf eine nicht mehr nachweisbare Zeichnung Tiepolos zurückzuführen ist. Wahrscheinlicher ist, dass das Blatt von einem noch nicht greifbaren Künstler im Umkreis des Meisters unter starker Anregung von dessen Schöpfungen entstanden ist. Für eine kompilative Komposition spricht vielleicht auch die seltsame Kombination von antik gewandeter Herrscherfigur (links) und einer an einen Dogen erinnernden Figur (rechts). Ins venezianische Umfeld passt auch das von der Antike inspirierte Gebäude im Hintergrund, dass mit Säulenportikus und Kuppel Anklänge an die venezianische Kirche S. Chiara zeigt.(Anm. 6)
Sammlungsgeschichtlich ist die Zeichnung von Interesse, da sie 1919 als Dauerleihgabe des „Vereins von Kunstfreunden von 1870“ ins Kupferstichkabinett gelangte. Über dieses Blatt hinaus hat der sonst vor allem im Ankauf von Gemälden für die Kunsthalle aktive Verein keine weiteren Zeichnungen oder Druckgraphiken erworben.

David Klemm

1 Kartonnotiz.
2 Annalisa Bristot Piana. Ritornano a Palazzo Barbarigo i monocromi di Giambattista Tiepolo, in: Arte Veneta 49, 1996, S. 71-75, S. 71–75.
3 Vgl. z. B. „Die Enthauptung des Täufers“ in der Cappella Colleoni in Bergamo Vgl. Eduard Sack: Giambattista und Domenico Tiepolo. Ihr Leben und ihre Werke. Ein Beitrag zur Kunstgeschichte des achtzehnten Jahrhunderts, Hamburg 1910, S. 60, Abb. 45.
4 Es handelt sich um die 46 sogenannten Sole Figure Vestite, die sich in einem Sammelband befinden; vgl. George Knox: Catalogue of the Tiepolo Drawings in the Victoria and Albert Museum, London 1960, S. 65–70.
5 Vgl. „Zwei junge Männer in Uniform“, Victoria & Albert Museum London, Inv.-Nr. D.1825.125-1885, sowie die Erläuterung bei George Knox: Catalogue of the Tiepolo Drawings in the Victoria and Albert Museum, London 1960, S. 54, Nr. 68.
6 Vgl. den Stich von Michele Marieschi, „Der Canal Grande zwischen San Simeone Piccolo und Santa Chiara“. Vgl. Vedute, Architektonisches Capriccio und Landschaft in der venezianischen Graphik des 18. Jahrhunderts, bearb. v. Peter Dreyer, Ausst.-Kat. Berlin, Staatliche Museen Preußischer Kulturbesitz, Kupferstichkabinett, Berlin 1985, S. 50, Nr. 82, mit Abb.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Unten rechts bezeichnet: "Tiepolo" (Bleistift); ((Stempel der Hamburger Kunsthalle fehlt noch))

Provenienz

Kunsthandlung Jacques Rosenthal, München, ? - 1918; dort erworben vom "Verein von Kunstfreunden von 1870", Hamburg, 1918-1939; Leihgabe an die Hamburger Kunthalle, seit 1918; wegen Vereinsauflösung in das Eigentum der Hamburger Kunsthalle übergegangen, 1939

Bibliographie

David Klemm: Italienische Zeichnungen 1450-1800. Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 2, Köln u. a. 2009, S.344-345, Nr.523

[Wolf Stubbe]: Italienische Zeichnungen 1500-1800. Ausstellung aus den Beständen des Kupferstichkabinetts, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle 1957, S.31, Nr.169

V. T. [nicht aufgelöst]: Amburgo: Mostra di disegni italiani dal XV al XVIII secolo, in: Emporium. Rivista mensile illustrata d'arte e di cultura 76, 1957, Nr. 126, S. 228-229, S.229

Ausstellung von Zeichnungen Alter Meister aus den Sammlungen der Kunsthalle zu Hamburg, Ausst.-Kat. Kunstverein in Hamburg 1920, S.24, Nr.147

Jahresbericht der Kunsthalle zu Hamburg für 1918, Hamburg 1919, S.11