Frans van Mieris (der Jüngere)
Bildnis des Willem van Mieris, um 1737
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Frans van Mieris (der Jüngere)

Bildnis des Willem van Mieris, um 1737

Frans van Mieris (der Jüngere)

Bildnis des Willem van Mieris, um 1737

Selbstbildnisse und Generationenporträts waren ein fester Topos unter den Leidener Feinmalern, insbesondere in der Familie Van Mieris.(Anm.1) Hier ließ Frans van Mieris seinen Vater Willem im informellen Habitus posieren: ohne Perücke, die Brille in der Hand, gekleidet in einen „Japonschen Rock“ und auf ein aufgeschlagenes Buch gestützt. Eine vergleichbare Bildnisstudie befindet sich in Amsterdam; weitere Zeichnungen können dieser Gruppe angeschlossen werden.(Anm.2)
Unser Blatt steht in engem Bezug zu einem 1737 datierten Gemälde in Kopenhagen, bei Übereinstimmungen in Kopfhaltung und Gesichtsausdruck.(Anm.3) Dort trägt der alte Maler eine Mütze, und seine Haltung ist durch den auf die Rückenlehne gestützen Arm stärker dem Betrachter zugewandt. Im Gegensinn wird die gezeichnete Figur variiert auf einem Gemälde aus dem Jahre 1739 von ähnlich privatem Charakter: ohne Mütze und Brille, aber ebenfalls aufgestützt auf ein aufgeschlagenes Buch.(Anm.4) Ein weiteres, 1740 datiertes „Porträt des Willem van Mieris“ greift direkt auf unsere Zeichnung zurück, und die fälschlich „F. v. Mieris Fec. 1672“ bezeichnete „Darstellung eines Steuereinehmers“ scheint sich ebenfalls auf das Hamburger Blatt zu beziehen.(Anm.5) Letztlich variiert auch sein berühmtestes Werk, das „Dreigenerationen-Bildnis“ von 1742, den durch das Hamburger Blatt und vergleichbare Studien geprägten Typus.(Anm.6)
Frans van Mieris (II) hinterließ nur ein vergleichsweise kleines zeichnerisches Œuvre. Neben seiner künstlerischen Tätigkeit in der Nachfolge seines Vaters beschäftigte er sich intensiv mit der Archäologie und veröffentlichte mehrere Werke zur Numismatik und zur Geschichte seiner Heimatstadt Leiden.(Anm.7)


1 Zu dem Thema des Familienporträts bei Frans van Mieris und seinen Vorbildern vgl. Vom Adel der Malerei. Holland um 1700, hrsg. von Ekkehard Mai, Sander Paarlberg, Gregor J.M. Weber, Ausst.-Kat. Köln/Dordrecht/Kassel 2006, Nr. 46.
2 Amsterdam, Rijksprentenkabinet, Inv.-Nr. RP-T–1975-51, Eric Jan Sluijter, Marlies Enklaar, Paul Nieuwenhuisen: Leidse Fijnschilders. Van Gerrit Dou tot Frans van Mieris de Jonge 1630-1760, Ausst.-Kat. Stedelijk Museum De Lakenhal, Leiden 1988, Nr. 35; diese Zeichnung stammt wie unser Blatt aus der Sammlung Goll van Franckenstein, vgl. hierzu Frits Lugt: Rezension zu Pauli 1924, in: La Revue d'Art 47, 1925 und Cornelis Hofstede de Groot in einem Brief vom 5. 1. 1925. Ein weiteres Studienblatt befindet sich in Kopenhagen, Statens Museum for Kunst, Kongelige Kobberstiksamling, Nr. Tu 54,3. Eine Blaupapierstudie wurde im Jahre 1800 auf der Auktion der Sammlung Ploos van Amstel versteigert, S. 15, Album C, Nr. 34: „Het pourtrait van W. van Mieris, met dito [met zwart kryt, op blaauw Papier], door F. van Mieris“.
3 Kopenhagen, Statens Museum for Kunst, Inv.-Nr. KMSsp684.
4 Amsterdam, Privatbesitz, Photo RKD, Neg. Nr. 22770.
5 „Bildnis des Willem van Mieris“, Aukt.-Kat. Paris, Drouot, 28.2.1973, Nr. 152; „Ein Bauer bezahlt seine Steuern“, Aukt.-Kat. London, Christie’s South Kensington, 10.5.1990, Nr. 391.
6 „Drei Generationen Van Mieris“, Leiden, Stedelijk Museum De Lakenhal, Inv.-Nr. 311; die zugehörige Entwurfszeichnung befindet sich in Wien, Grafische Sammlung Albertina, Inv.-Nr. 10600. Auf dem „Dreigenerationenporträt“ begegnet Willem van Mieris in gleichem Habitus wie auf der Hamburger Zeichnung, trägt jedoch wie auf dem Kopenhagener Bild eine Mütze und hält eine zusammengerollte Zeichnung in der Hand.
7 Z. B. „Bescgrijving der bischoppelijke munten en zegelen van Utrecht in’t bijzonder“, Leiden 1726, „Handvesten der Stad Leyden“, Leiden 1759, oder die „Historie der Nederlandsche Vorsten“, ’s-Gravenhage 1732–35.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Verso bezeichnet unten Mitte: "'t Portrait van den Schilder Willem van Mieris. / door Fr.s van Mieris de Jonge." (Feder in Braun); unten links von der Hand Goll van Franckensteins: "N 2518." (Feder in Braun); unten rechts L. 1328

Wasserzeichen / Kettenlinien

Oberer Teil einer Wappenkrone
27-28 mm (h)

Provenienz

Johan Aegidiusz. van der Marck (1707-1772), Leiden; dessen Auktion, Amsterdam 1773 (Lugt, Ventes 2206) an Grebe; Johann Goll van Franckenstein I (1722-1785), Amsterdam (L. 2987); Johan Goll van Franckenstein II (1756-1821), Amsterdam (L. 2987); Pieter Hendrik Goll van Franckenstein (1787-1832); auf der Auktion Goll van Franckenstein, Amsterdam 1833 (Lugt, Ventes 13362) an Engelberts; Georg Ernst Harzen (1790-1863), Hamburg (L. 1244) (Catalogue d'une Collection de Portraits, S. 105, Nr. M 215); wohl Legat Harzen 1863 an die „Städtische Gallerie“ Hamburg; wohl 1868 der Stadt übereignet für die 1869 eröffnete Kunsthalle; Inventar Bd. VI, um 1890, S. 247

Bibliographie

Stefes, Annemarie: Niederländische Zeichnungen 1450-1850. Katalog I Van Aken-Murant, hrsg. von Gaßner, Hubertus und Stolzenburg, Andreas, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 3, Böhlau Verlag Köln Weimar Wien 2011, S.375, Nr.651

Eric Jan Sluijter u. a.: Leidse Fijnschilders. Van Gerrit Dou tot Frans van Mieris de Jonge 1630-1760, Ausst.-Kat. Stedelijk Museum De Lakenhal, Leiden 1988, S.148, bei Nr. 35, Anm. 1

Gustav Pauli: Zeichnungen alter Meister in der Kunsthalle zu Hamburg. Niederländer, hrsg. von Hamburger Kunsthalle, Veröffentlichungen der Prestel-Gesellschaft., Bd. 8, Frankfurt a. M. 1924, Abb.Taf. 36

Catalogus van het beroemde Kabinet van gekleurde en ongekleurde Teekeningen, door de voornaamste oude en hedendaagsche Nederlandsche, Italiaansche en andere Meesters. Nagelaten bij Wijlen den hoog welgeboren Heer Jonkheer Johan Goll van Franckenstein, 1.6. und folgende Tage, Jeronimo de Vries, Amsterdam 1833, S.101, Nr.AA 33

Catalogus van 't alom Bekende Kabinet zoo Gekleurde als Ongekleurde Tekeningen ... nagelaaten door Wylen den Wel Ed. Gestr. Heer en Mr. Johan van der Marck Aegidiusz. ..., 29.11. und folgende Tage, Hendrik de Winter, Jan Yver, Amsterdam 1773, S.214, Nr.1731

Frits Lugt: Rezension zu Pauli 1924, in: Onze Kunst 41, 1925, Nr. 22, S. 162-165, S.164