Francesco Granacci
Auferweckung des Lazarus,
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Francesco Granacci

Auferweckung des Lazarus,

Francesco Granacci

Auferweckung des Lazarus

Das Blatt weist eine mindestens auf Richardson Senior zurückgehende Zuschreibung an Francesco Granacci auf. Berenson vermerkte 1938, dass die lebendige Zeichenweise, die Figurentypen und die Proportionen typisch für dessen Spätzeit seien. So erinnert die Art der Figuren- und Raumbehandlung an die in der Accademia in Florenz bewahrten Szenen aus dem Leben verschiedener Heiliger.(Anm. 1) Christian von Holst ordnete das Blatt als Vorzeichnung zu einem Gemälde mit der „Auferweckung des Lazarus“ in der Bob Jones University Greenville/South Carolina ein.(Anm. 2) Im Allgemeinen übereinstimmend sind die Grundkomposition, die Architektur und einzelne Figuren, wie die des Lazarus. Im Unterschied zur Zeichnung befinden sich auf dem Gemälde mehr Figuren im rechten Bereich. Zudem schafft eine im Vordergrund hinzugefügte Frauenfigur mehr Tiefenräumlichkeit.
Der nervöse, strichelnde Zeichenstil des Blattes findet sich im überlieferten Œuvre Granaccis relativ selten. Von Holst vermerkte, dass die Hamburger Zeichnung flüchtiger angelegt sei als die stärker ausgeführten Entwürfe für eine Verkündigung in Oxford (Anm. 3) und eine Allegorie in London (Anm. 4); dennoch weisen alle drei Blätter in der Strichführung Übereinstimmungen auf.
Lorenza Melli wies darauf hin, dass das Fragment einer alten Rahmung im linken Blattbereich auf eine Herkunft der Zeichnung aus Vasaris berühmter Sammlung schließen lasse.(Anm. 5) Tatsächlich finden sich unter Vasaris Montierungen Beispiele mit ähnlicher ornamentaler Anordnung.(Anm. 6) Allerdings bleibt rätselhaft, warum nur ein derart kleiner Teil erhalten geblieben ist. Dessen Bedeutung war offensichtlich auch Jonathan Richardson bewusst, denn er ließ das Fragment behutsam in die von ihm in Auftrag gegebene Rahmung integrieren.(Anm. 7)

David Klemm

1 Vgl. Christian von Holst: Francesco Granacci, Italienische Forschungen, Dritte Folge, Bd. 8, hrsg. v. Wulf Herzogenrath, München 1974, S. 165–167, Nr. 66–74.
2 Briefliche Mitteilung v. Christian von Holst, 3. 5. 1977. Vgl. auchStephen Pepper: Italian Paintings. Bob Jones University, Collection of Religious Art, Greenville 1984, Nr. 61.2. Dort wird das Gemälde nur als Werkstattarbeit eingeordnet.
3 Oxford, Ashmolean Museum, Parker 253. Vgl.Christian von Holst: Francesco Granacci, Italienische Forschungen, Dritte Folge, Bd. 8, hrsg. v. Wulf Herzogenrath, München 1974, S. 170–171, Nr. 76.
4 London, British Museum, Department of Prints and Drawings, Inv.-Nr. 1936-12-12-33. Vgl. Christian von Holst: Francesco Granacci, Italienische Forschungen, Dritte Folge, Bd. 8, hrsg. v. Wulf Herzogenrath, München 1974, S. 171–172, Kat. 77.
5 Mündliche Mitteilung, März 2007.
6 Vgl. die Rahmung einer Zeichnung von Domenico Beccafumi im Louvre; vgl. Paris, Musée du Louvre, Département des Arts Graphiques, Inv.-Nr. 408; vgl. Licia Ragghianti Collobi: Il Libro de’ Disegni del Vasari, 2 Bde., Florenz 1974, II, S. 231, Domenico Becca-fumi.
7 Die Zeichnung ist bei Py 2001 nicht nachgewiesen.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Am linken inneren Rand Rahmenreste einer ornamentalen Verzierung [Vasari?]; unten rechts Stempel der Sammlung Houlditch (L. 2214); rechts daneben: Stempel der Sammlung Richardson (L. 2184); auf dem Karton unten in der Mitte: "Francesco Granacci" (Feder in Braun); auf dem Verso oben in der Mitte untereinander angeordnet: "Z[oder L]K 69./BB.60/L. 95. [mit Klammer verbunden]/L. 45./G./IT[?]"; oben rechts bezeichnet: "VASARI" (Feder in Braun); in der Mitte Stempel der Hamburger Kunsthalle (L. 1233); unten rec

Provenienz

Möglicherweise Giorgio Vasari (1511–1574), Florenz und Arezzo, Sammlung Jonathan Richardson sen. (1665–1745), London (L. 2184); Richard Houlditch (gest. 1736) London (L. 2214); Dr. Bullingham Smith; N. Colville, Launceton; F.A. Drey, London; Erworben 1971 von der Paul Drey Gallery, New York, aus Mitteln der Campe’schen Historischen Kunststiftung

Bibliographie

David Klemm: Italienische Zeichnungen 1450-1800. Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 2, Köln u. a. 2009, S.201-202, Nr.266

Eckhard Schaar, David Klemm: Italienische Zeichnungen der Renaissance aus dem Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle 1997, S.91-92, Nr.23, Abb.31

Firenze e la Toscana dei Medici nell' Europa del Cinquecento. Il primato del disegno, Ausst.-Kat. Florenz, Palazzo Strozzi, Palazzo Vecchio 1980, S.125, Nr.242

Christian von Holst: Francesco Granacci, hrsg. von Wulf Herzogenrath, Italienische Forschungen, Dritte Folge, Bd. 8, München 1974, S.172, Nr.78, Abb.108

Eckhard Schaar: Erwerbungen für die graphische Sammlung im Jahre 1971, in: Jahrbuch der Hamburger Kunstsammlungen 17, 1972, S. 181-184, S.181, Abb.

Jahrbuch der Hamburger Kunstsammlungen, hrsg. von Hamburger Kunsthalle und Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg, Bd. 17, Dr. Ernst Hauswedell & Co Verlag Hamburg 1972, S.181, Abb.

Bernard Berenson: I disegni dei pittori fiorentini. Vom Autoren durchgesehene und erweiterte Ausgabe unter Mitarbeit von Nicky Mariano und Luisa Vertova Nicolson, Bd. 2, Mailand 1961, Nr.922 A

Bernard Berenson: The Drawings of the Florentine Painters. Amplified Edition, Bd. 2, Chicago 1938, S.106, Nr.992 A

Bernard Berenson: The Drawings of the Florentine Painters. Amplified Edition, Bd. 3, Chicago 1938, Abb.398