Filippino Lippi
Gewandstudie einer nach links schreitenden Figur,
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Filippino Lippi

Gewandstudie einer nach links schreitenden Figur,

Filippino Lippi

Gewandstudie einer nach links schreitenden Figur

Laut Georg Ernst Harzen stammt das Blatt aus dem Besitz Giorgio Vasaris. Diese von dem Sammler nicht weiter belegte Ansicht wurde durch Otto Kurz bestätigt. Er bezog Basans Erwähnung von „cinq feuilles de diverses études de figures nues et drapées“ im Versteigerungskatalog der Sammlung Mariette, die dort Masaccio zugeschrieben sind, auf die Hamburger Zeichnung.(Anm.1) Das Blatt wurde noch 1854 auf der Woodburn-Auktion als Masaccio versteigert, doch hat es Harzen dann dem Domenico Ghirlandaio zugeschrieben. Erst Gustav Pauli stellte Filippino Lippi als Urheber zur Diskussion. Seitdem ist das Blatt fast einstimmig, u. a. von Scharf und Berenson und jüngst von Carmen Bambach (Anm.2) und Lorenza Melli (Anm.3), als Werk Filippinos anerkannt worden. Lediglich Wohl hat die Studie – ohne nähere Begründung – in die Werkstatt Filippinos eingeordnet.
Pauli stellte erstmals den Bezug des Hamburger Blattes zu einer bereits damals Filippino zugeschriebenen „Gewandstudie an einem jungen Mann“ in Oxford her.(Anm.4) Die dort zu beobachtende weitgehend übereinstimmende Art der Weißhöhung wie auch der Parallelschraffuren findet sich u. a. auch auf einer Vorstudie Filippinos für den „Hl. Bernhard und die Muttergottes“ (Florenz, Badia) in den Uffizien.(Anm.5) Im Vergleich hierzu wirkt auch das Hamburger Blatt wie eine Vorstudie, wobei das Hauptinteresse des Zeichners eindeutig auf dem Gewand liegt. Denkbar wäre an die Studie eines voranschreitenden Mannes, etwa für eine Anbetung der Könige. Das Uffizien-Blatt wird in die Mitte der 1480er Jahre datiert, eine Einordnung, die – wie Lorenza Melli bestätigte – auch für das Hamburger Blatt sinnvoll erscheint.(Anm.6)

David Klemm

1 Vgl. Otto Kurz: Giorgio Vasari’s „Libro de’Disegni.”, in: Old Master Drawings 12, 1937/38, S. 1-6, 32-44.
2 Mitteilung per E-Mail auf der Grundlage einer Digitalphotographie, März 2008.
3 Mündliche Mitteilung auf der Grundlage einer Digitalphotographie, November 2007.
4 Oxford, Christ Church, Inv.-Nr. 0018. James Byam Shaw: Drawings by Old Masters at Christ Church Oxford, 2 Bde., Oxford 1976, I, Nr. 34, II, Taf. 39.
5 Florenz, Gabinetto Disegni e Stampe degli Uffizi, Inv.-Nr. 129 E.
6 Mündliche Mitteilung auf der Grundlage einer Digitalphotographie, 23. 11. 2007.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Umfassungslinie (Feder in Schwarz); unten links: Stempel der Sammlung Mariette (L. 1852); rechts davon: Stempel der Sammlung Fries (L. 2903); unten rechts nummeriert: "3 [?]" (Feder in Schwarz); unten in der Mitte Stempel der Hamburger Kunsthalle (L. 1328); unten rechts: Stempel der Sammlung Lagoy (L. 1710; stark verblichen)

Provenienz

Angeblich Giorgio Vasari (1511-1574), Florenz, Arezzo (laut Harzen in NH Ad : 01 : 03, fol. 95, wohl beruhend auf Auktionskatalog Woodburn 16.06.1854, S. 38, Nr. 860);Pierre-Jean Mariette (1694-1774), Paris (L. 1852); Comte Moritz von Fries (1777-1826), Wien (L. 2903); Samuel Woodburn (1786-1853), London (L. 2584); von Georg Ernst Harzen (1790-1863), Hamburg (L. 1244) 1854 in London auf der Auktion der Sammlung Woodburn als Masaccio erworben (Kat. Woodburn 1854, S. 38, Nr. 860); NH Ad : 02 : 01, S. 214 (als Domenico Ghirlandajo); NH Ad : 01 : 03, fol. 95 (als Domenico Ghirlandajo): "Mantelstudie zu einer fortschreitenden männlichen Figur. Silberstift auf violett gefarbtem P. Gehöht. Sehr meisterlich behandelt. 5.0 8.2. Samml. Vasari. Mariette.ferner mit dem trockenen Stempel eines Maltheserkreutzes bez. Zeig [?] für Masaccio ausgegeben. /"; am Rand:. "P.J."; unterhalb davon ein von Harzen gezeichnetes Malteserkreuz in einem Kreis; Legat Harzen 1863 an die "Städtische Gallerie" Hamburg; 1868 der Stadt übereignet für die 1869 eröffnete Kunsthalle

Bibliographie

David Klemm: Italienische Zeichnungen 1450-1800. Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 2, Köln u. a. 2009, S.219, Nr.296

David Klemm: Von Leonardo bis Piranesi. Italienische Zeichnungen von 1450 bis 1800 aus dem Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle, hrsg. von Hubertus Gaßner, David Klemm und Andreas Stolzenburg, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle, Bremen 2008, S.30-31, Abb, S. 219, Nr.9

Eckhard Schaar, David Klemm: Italienische Zeichnungen der Renaissance aus dem Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle 1997, S.95, Nr.30, Abb.25

Hellmut Wohl: The Eye of Vasari, in: Mitteilungen des Kunsthistorischen Institutes in Florenz, 30, Florenz 1986, Nr. 3, , S.550, 556, Abb.3 auf S. 542

Licia Ragghianti Collobi: Il Libro de' Disegni del Vasari, Bd. 1, Florenz 1974, S.51

Licia Ragghianti Collobi: Il Libro de' Disegni del Vasari, Bd. 2, Florenz 1974, S.56, Abb.103

[Wolf Stubbe]: Italienische Zeichnungen 1500-1800. Ausstellung aus den Beständen des Kupferstichkabinetts, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle 1957, S.13, Nr.37

V. T. [nicht aufgelöst]: Amburgo: Mostra di disegni italiani dal XV al XVIII secolo, in: Emporium. Rivista mensile illustrata d'arte e di cultura 76, 1957, Nr. 126, S. 228-229, S.228

Bernard Berenson: The Drawings of the Florentine Painters. Amplified Edition, Bd. 2, Chicago 1938, S.150, Nr.1341 J

Otto Kurz: Giorgio Vasari`s "Libro de` Disegni.", in: Old Master Drawings 12, London 1937/38, , S.10

Alfred Scharf: Filippino Lippi, Wien 1935, Nr.247

Gustav Pauli: Zeichnungen Alter Meister in der Kunsthalle zu Hamburg. Italiener. Neue Folge, Frankfurt am Main 1927, Abb.Taf. 6

Ausstellung von Zeichnungen Alter Meister aus den Sammlungen der Kunsthalle zu Hamburg, Ausst.-Kat. Kunstverein in Hamburg 1920, S.17, Nr.93

Wilhelm Koopmann: Einige weniger bekannte Handzeichnungen Raffaels, in: Jahrbuch der Königlich Preußischen Kunstammlungen 12, 1891, S. 40-49, S.41