David Teniers d. J.
Berglandschaft mit Holzbrücke, um 1630 - 1633
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David Teniers d. J.

Berglandschaft mit Holzbrücke, um 1630 - 1633

David Teniers d. J.

Berglandschaft mit Holzbrücke, um 1630 - 1633

Diese Zeichnung wirkt auf den ersten Blick ungewöhnlich für David Teniers.(Anm.1) Für die altmodische, an Joos de Momper erinnernde Komposition finden sich jedoch Parallelen in zwei gemalten „Grottenszenen“ in London, deren eine 1634 datiert.(Anm.2) Auch der kleinteilig-krause Baumschlag und die Modellierung der Felsen durch kurze, zu gegenläufigen Gruppen angeordnete Schraffen finden dort ihr malerisches Äquivalent.(Anm.3) Verglichen mit einer in London verwahrten Vorstudie für eines dieser Bilder, die bereits alle Merkmale von Teniers’ reifem Stil aufweist,(Anm.4) ist unser Blatt ungleich vorsichtiger gearbeitet, doch finden sich Gemeinsamkeiten in der Verwendung des Graphitstiftes und in den weich schraffierten, erst in einem zweiten Arbeitsgang druckvoll überarbeiteten Partien. Grundsätzlich verwandt sind darüber hinaus Konturenverlauf und Akzentverteilung im Bereich der Felsen. Aus diesen Gründen soll für unsere Zeichnung an der alten Zuschreibung an David Teniers festgehalten werden.(Anm.5) Auch die klärende Federzeichnung ist am ehesten Teniers selbst zuzuweisen. Federzeichnungen waren im Œuvre Teniers’ bislang nicht bekannt, doch ginge die Verwendung dieser Technik gut mit dem experimentierenden Charakter des Frühwerks konform.(Anm.6)
Auf eine frühe Entstehung deutet auch die eingangs beobachtete Nähe zu Werken Joos de Mompers. Wie William Bradford im Zusammenhang mit der Londoner Zeichnung bemerkte, muss Teniers in den frühen 1630er Jahren Grottenbilder De Mompers kopiert haben.(Anm.7) Vielleicht handelt es sich bei der vorliegenden Zeichnung um eine dieser bislang nur vermuteten Arbeiten. Dann wäre das bisher im Zweitbestand verwahrte Blatt eine der frühesten bekannten Zeichnungen Teniers’.
Eher auszuschließen ist die Möglichkeit einer Zuschreibung an De Momper selbst, weil dieser selten Graphit verwendete und seine im Federduktus weniger präzise gearbeiteten Zeichnungen in der Regel – meist farbig – lavierte. Auch der von Lugt in einer Notiz auf dem Unterlegkarton vorgeschlagene Verweis auf Pieter van Santvoort ist nicht weiter zu verfolgen: Van Santvoorts Zeichnungen sind summarischer und großzügiger gearbeitet; Be­rührungspunkte zu unserem Blatt bestehen einzig in den durch fleckige Modellierung ausgehöhlt wirkenden Felsen (vgl. Inv.-Nr. 22202).(Anm.8)

Annemarie Stefes

1 So sah Erwin Pokorny nach Ansicht des Originals keinen Zusammenhang mit Teniers (Mitteilung per E-Mail, 14. 5. 2009).
2 „Büßende Maria Magdalena“, 1634 und „Büßender Petrus“, London, Dulwich Picture Gallery, Inv.-Nr. DPG 323 und Inv.-Nr. DPG 314, Margret Klinge: David Teniers the Younger. Paintings - Drawings, Ausst.-Kat. Antwerpen, Koninklijk Museum voor Schone Kunsten, Gent 1991, Nr. 8 a und 8 b.
3 Die winklig gesetzten Felsschraffen begegnen ähnlich auf dem um 1634/35 datierten „Blick aus einer Grotte“, Washington, National Gallery of Art, Alisa Mellon Bruce Fund, Inv.-Nr. 1971.56.1, David Teniers der Jüngere (1610-1690). Alltag und Vergnügen in Flandern, Ausst.-Kat. Karlsruhe, Heidelberg 2005, Nr. 8.
4 London, Courtauld Institute of Art, Inv.-Nr. D.1952.RW.3211, William Bradford, Helen Braham: Master Drawings from the Courtauld Collections, Ausst.-Kat. London, Courtauld Institute Galleries 1991, Nr. 66.
5 Die kurzen Schraffurlinien und rund gekringelten Konturen der Bäume setzen das Blatt zudem in die Nähe einer Zeichnung in Besançon, Musée des Beaux-Arts et d’Archéologie, Inv.-Nr. D 151, Margret Klinge: David Teniers der Jüngere als Zeichner. Die Antwerpener Schaffenszeit (1633-1651), in: Jaarboek Koninklijk Museum voor Schone Kunsten Antwerpen 1997, S. 71-282, Nr. 80.
6 Vgl. Margret Klinge: David Teniers der Jüngere als Zeichner. Die Antwerpener Schaffenszeit (1633-1651), in: Jaarboek Koninklijk Museum voor Schone Kunsten Antwerpen 1997, S. 71-282, S. 231–232 zu den Zeichentechniken Teniers’.
7 Bradford, in: William Bradford, Helen Braham: Master Drawings from the Courtauld Collections, Ausst.-Kat. London, Courtauld Institute Galleries 1991, S. 193, Anm. 5. Zu Mompers Einfluss auf Teniers vgl. auch Klaus Ertz: Josse de Momper der Jüngere. Die Gemälde, Freren 1986, S. 408–410. Unter den dort abgebildeten Gemälden Mompers finden sich verwandte Partien auf einer „Berglandschaft“ in Dresden, Staatliche Kunstsammlungen, Gemäldegalerie Alte Meister, Inv.-Nr. 870, ebd. Nr. 131, und, bei gegenseitiger Anlage, auf der „Bekehrung des Paulus“ in Hannover, Niedersächsisches Landesmuseum, Inv.-Nr. KA-52/58, ebd. Nr. 188.
8 Diese Besonderheit unterscheidet das Blatt auch von Werken des älteren David Teniers, der zeitweilig als Autor der gemalten Grottenszenen diskutiert wurde, vgl. Klinge, in: Margret Klinge: David Teniers the Younger. Paintings - Drawings, Ausst.-Kat. Antwerpen, Koninklijk Museum voor Schone Kunsten, Gent 1991, S. 42.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Verso unten Mitte L.1233

Wasserzeichen / Kettenlinien

Monogramm AV (ineinander verschränkt), darüber Dreipass, Heawood deest, vgl. Gegenmarke zu Heawood 1902 (Venedig 1548)
ca. 21-23 mm (h)

Provenienz

Georg Ernst Harzen (1790-1863), Hamburg (L. 1244) (NH Ad:01:02, fol. 66: "[David Teniers, der Sohn] Gebirgslandschaft mit {zu Tage gehenden Felsen} zerstreuten, ausgewitterten Felsblöcken bedeckt, zwischen denen im Mittelgrund ein Wasserfall sich bahn macht, über den eine Knittelbrücke führt. Mit Kreide auf grau grundiertem Papier flüchtig angelegt, hernach an vielen Stellen mit der Feder sehr geistvoll retouchirt, {auch} gehöht. 10.3.6.9."; NH Ad: 02: 01, S. 271); Legat Harzen 1863 an die „Städtische Gallerie“ Hamburg; 1868 der Stadt übereignet für die 1869 eröffnete Kunsthalle

Bibliographie

Stefes, Annemarie: Niederländische Zeichnungen 1450-1850. Katalog II van Musscher - Zegelaar, hrsg. von Gaßner, Hubertus und Stolzenburg, Andreas, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 3, Böhlau Verlag Köln Weimar Wien 2011, S.542-543, Nr.1026