Cornelis Visscher, (?) Esaias van de Velde (I), ehemals zugeschrieben
Cornelis Visscher, (?) Esaias van de Velde (I), ehemals zugeschrieben
Die noch von Harzen notierte alte Zuschreibung an Esaias van de Velde wurde erstmals zurückgewiesen von Hofstede de Groot.(Anm.1) Lugt brachte 1925 das Blatt mit Claes Jansz. Visscher in Verbindung, was grundsätzlich sinnvoll erscheint mit Blick auf die qualitativ höherstehende, wohl nach dem Leben gezeichnete Stadtansicht auf der Rückseite des Blattes. Allerdings sind authentische Zeichnungen dieses Künstlers in der Regel gleichmäßiger und feiner strukturiert.(Anm.2) Die Figuren erinnern an ein Visscher zugeschriebenes Studienblatt (Anm.3) und gehen zurück auf Radierungen des Jan van de Velde (II) (1593–1641): Die rastenden Kiepenträger oben links finden sich auf dessen Radierung H. 188 (1615), und die mit einem sitzenden Mann sprechende Mutter – mehrfach variiert – lässt sich zurückverfolgen auf die der gleichen Folge zugehörige Radierung H. 190. Die übrigen Figuren wurden nach einer weiteren Radierung des Künstlers kopiert (H. 295).
Die recto gezeigte Landschaft kommt in der freien, etwas wirr anmutenden Ausführung Zeichnungen wie Visschers 1607 datiertem „Gehöft bei Haarlem“ grundsätzlich nahe.(Anm.4) Im Motiv erinnert sie an eine Zeichnung in Leiden.(Anm.5) Gegen Visschers eigene Hand sprechen indes Schwächen in der räumlichen Erfassung einzelner Gebäude wie dem nur unvollständig durchgestalteten Schuppen links neben dem Bauernhaus. Möglicherweise geht die Recto-Zeichnung zurück auf eine bislang nicht identifizierte Vorlage Visschers.
Annemarie Stefes
1 Brief vom 5. 1. 1925 im Archiv des Kupferstichkabinetts der Hamburger Kunsthalle.
2 Vgl. Visschers „Ansicht der Stadt Zierikzee in Zeeland“, um 1636, Amsterdam, Rijksprentenkabinet, Inv.-Nr. RP-T-1888-A-1810, Marijn Schapelhouman, Peter Schatborn: Dutch Drawings of the Seventeenth Century in the Rijksmuseum Amsterdam. Artists born between 1580 and 1600, London 1998, Nr. 398.
3 Aukt.-Kat. Amsterdam, Sotheby’s, 4. 11. 2003, Nr. 21 verso; diese stehen aber, wie im Auktionskatalog korrekt vermerkt, näher an Arbeiten des Willem Buytewech.
4 Niederländischer Privatbesitz, Photo RKD.
5 Leiden, Prentenkabinet der Universiteit, Inv.-Nr. PK-T-AW-1120; für diese Information danke ich Jef Schaeps (Mitteilung per E-Mail, 14. 4. 2010).
Details zu diesem Werk
Beschriftung
Wasserzeichen / Kettenlinien
-
ca. 20-22 mm (h)
Verso
Titel verso: Figurenstudien und Hafenstadt mit Schiffen
Technik verso: Feder in Graubraun
Provenienz
Georg Ernst Harzen (1790-1863), Hamburg (L. 1244) (NH Ad:01:02, fol. 69: "Esayas van de Velde Einige Bretterhütten neben einer Windmühle an einem Binnenwasser mit Schiffen. Mit Feder und Tusche ausgeführt. Auf der Rückseite eine Stadt an einem schiffbaren Flusse und Studien von Figuren mit der Feder flüchtig skizziert. 10.3.5.10."; NH Ad: 02: 01, S. 272); Legat Harzen 1863 an die „Städtische Gallerie“ Hamburg; 1868 der Stadt übereignet für die 1869 eröffnete Kunsthalle
Bibliographie
Stefes, Annemarie: Niederländische Zeichnungen 1450-1850. Katalog II van Musscher - Zegelaar, hrsg. von Gaßner, Hubertus und Stolzenburg, Andreas, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 3, Böhlau Verlag Köln Weimar Wien 2011, S.579-580, Nr.1105
Gustav Pauli: Zeichnungen alter Meister in der Kunsthalle zu Hamburg. Niederländer, hrsg. von Hamburger Kunsthalle, Veröffentlichungen der Prestel-Gesellschaft., Bd. 8, Frankfurt a. M. 1924, Abb.Taf. 10
Frits Lugt: Rezension zu Pauli 1924, in: Onze Kunst 41, 1925, Nr. 22, S. 162-165, S.163
George S. Keyes: Esaias van de Velde, Doornspijk 1984, S.304, Nr.Rejected D 47