Caspar David Friedrich
Studie zum Winter,
Zurück Bildinfos ➕ 🗖

Caspar David Friedrich

Studie zum Winter,

Caspar David Friedrich

Studie zum Winter

Während Prybram-Gladona teilweise zu Recht in der Kreidezeichnung eine exakte Vorbereitungszeichnung für die Hamburger Sepia (vgl. Inv.-Nr. 41118) annimmt (Anm. 1), glaubt Börsch-Supan in dem Blatt eine Zwischenkomposition zu erkennen, die neben den beiden Tageszeitenzyklen von 1803 und 1826 die Existenz eines weiteren, um 1807 entstandenen Zyklus beweisen würde. Das vorliegende Blatt stellt laut Börsch-Supan eine Variation zum Winterblatt beider Zyklen dar. Die Mauer- und Pfeilerreste wiesen gegenüber 1803 Veränderungen auf, stimmen aber auch nicht mit der Form von 1826 überein, „so dass hier wohl die Komposition von etwa 1807 für die Variante von 1826 überarbeitet worden ist.“ (Anm. 2) Börsch-Supan bezeichnet das Blatt deshalb als zwischen den Varianten von 1803 und 1834 stehend: „Der Zweck der auf der Rückseite geschwärzten Zeichnung mit Pausspuren war der, die Komposition von Inv.-Nr. 342 [das ist die Fassung von 1807, Anm. d. Verfassers] zu überarbeiten und auf Inv.-Nr. 432 [das ist die Hamburger Sepia, Anm. d. Verfassers] zu übertragen. Man wird sich als weiteres Hilfsmittel für die Übertragung der Komposition von Inv.-Nr. 342 auf die Zwischenzeichnung vielleicht eine Pause auf Transparentpapier denken müssen.“ (Anm. 3) Sumowski geht hingegen davon aus, dass das Blatt für beide Fassungen verwendet wurde, also bereits bei der Arbeit für den Ehlers-Zyklus entstanden sein muss.(Anm. 4) „Bis auf das Motiv einer Frau, die mit am Grabe sitzt, sind beide Kompositionen identisch. Die lineare Fassung ist rückseitig mit Kreide eingeschwärzt. Es handelt sich also um einen Karton, der auf das Papier für die Sepia übertragen wurde. Durch den Karton hat sich Friedrich die Arbeit an der bildmäßigen Zeichnung erleichtert; er gab sich aber auch die Möglichkeit, sein Werk ohne Mühe zu replizieren. Der Karton ist nochmals beim „Winter“, ebenfalls in Hamburg, verwendet worden. Doch ehe Friedrich gepaust hat, wurde die Komposition um die Frau erweitert, die er bei der Sepia ihrem Mann zuzugesellen wünschte. Außerdem hat er die Komposition nicht im Ganzen übernommen, sondern die Architektur durch Änderungen und Weglassungen vereinfacht, und bei den Bäumen ist die Zahl der Äste und Zweige reduziert worden.“ (Anm. 5) Die Deutung Sumowskis deckt sich mit dem Befund des Blattes, bedarf jedoch der Präzisierung: Friedrich konnte das bereits für den Zyklus von 1803 benutzte Blatt sozusagen auf den Stand von 1826 bringen, indem er Teile ausradiert und hinzugefügt hat. Mit kräftigem Strich hat er die am Grab sitzende Frau nachträglich eingefügt, ebenso das schräg stehende Kreuz hinter dem Mann und zu diesem Zweck auch den Baum rechts daneben übergangen. Die Kirchenruine entsprach ursprünglich der Fassung von 1803, ist dann durch Ausradierungen aber auf die niedrigere Höhe der Variante von 1826 reduziert worden; in der ausgeführten Sepia ganz weggefallen ist schließlich der echte Pfeiler mit dem Bogenansatz. Das gleiche Format aller drei Zeichnungen belegt zusammen mit der Schwärzung der Versoseite und den teilweisen Durchgriffelungen die Funktion von Inv.-Nr. 41098 als Karton (Anm. 6), den Friedrich für beide Versionen benutzt hat. Die Zeichnung ist deshalb nicht mit dem von Börsch-Supan vermuteten zweiten, um 1807 entstandenen Zyklus in Verbindung zu bringen.

Peter Prange

1 Prybram-Gladona 1942, S. 115.
2 Börsch-Supan 2006, S. 37, Anm. 12.
3 Börsch-Supan 1973, S. 403, Nr. 342.
4 Sumowski 1970, S. 150.
5 Sumowski 1990, S. 47.
6 Eine ähnliche Funktion nimmt für die Engel in Anbetung ein Blatt in Mannheim ein: Engel in Anbetung, Bleistift, schwarze Kreide, 256 x 326 mm, Kunsthalle Mannheim, Inv. Nr. G 442, vgl. Grummt 2011, S. 774-775, Nr. 849, Abb. Die Maße der Darstellung stimmen mit dem Hamburger Blatt (Kat. 41116) überein. Für Auskünfte danke ich Thomas Köllhofer, Mannheim.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Auf dem Verso: oben rechts nummeriert: "15." (Bleistift), unten rechts: "8" (Bleistift)

Verso

Technik verso: mit schwarzer Kreide geschwärzt

Provenienz

Harald Friedrich, Hannover, ? - 1906; Ankauf von diesem, 1906

Bibliographie

Michael Lissok in: Klosterruine Eldena 750 Jahre Ostflügel der Klausur.: Die Klosterruine Eldena in Bilddokumenten und Werken der Bildenden Kunst des 19. Jahrhunderts, hrsg. von Universitäts- und Hansestadt Greifswald, Der Oberbürgermeister, Stadtbauamt, 2015, S.44-61, Abb.

Johann Christian Reinhart. Ein deutscher Landschaftsmaler in Rom, hrsg. von Herbert W. Rott und Andreas Stolzenburg in Zusammenarbeit mit F. Carlo Schmid, Ausst.-Kat. Bayerische Staatsgemäldesammlungen München, Neue Pinakothek, Hamburger Kunsthalle, München 2012, S.91, Abb

Christina Grummt: Caspar David Friedrich. Die Zeichnungen. Das gesamte Werk, Bd. 1, München 2011, S.364-365, Abb., Nr.364

Jakob Philipp Hackert. Europas Landschaftsmaler der Goethezeit, hrsg. von Hubertus Gaßner und Ernst-Gerhard Güse, Ausst.-Kat. Klassik Stiftung Weimar, Hamburger Kunsthalle, Ostfildern 2008, S.91, Abb

Caspar David Friedrich. Pinturas y dibujos, Ausst.-Kat. Museo del Prado, Madrid 1992, S.39, 130, 232, Nr.80, Abb., Abb.S. 233

Hans Dickel: Caspar David Friedrich in seiner Zeit. Zeichnungen der Romantik und des Biedermeier, hrsg. von Manfred Fath, Die Zeichnungen und Aquarelle des 19. Jahrhunderts der Kunsthalle Mannheim, Bd. 3, Weinheim 1991, S.94, Nr.bei Nr. 35, Anm. 5

Werner Sumowski: Zur Frage der Repliken bei C. D. Friedrich, hrsg. von Kurt Wettengl, Ausst.-Kat. Caspar David Friedrich. Winterlandschaften, Heidelberg 1990, S.47

Caspar David Friedrich - seine Zeichnungen in der Hamburger Kunsthalle, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle, Hamburg 1990, S.35, Nr.49

Ulrich Schulze: Ruinen gegen den konservativen Geist. Ein Bildmotiv bei Caspar David Friedrich, hrsg. von Hans Joachim Kunst, August Rave, Wolfgang Schenkluhn, Worms 1987, S.16, Abb.6

Marianne Bernhard, Hans H. Hofstätter: Caspar David Friedrich. Das gesamte graphische Werk, München 1974, S.814, 820, Abb.S. 348

Caspar David Friedrich und sein Kreis, Ausst.-Kat. Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Gemäldegalerie Neue Meister 1974, S.232, Nr.212

Caspar David Friedrich 1774-1840, hrsg. von Werner Hofmann, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle, München 1974, S.303, Nr.225, Abb.

Helmut Börsch-Supan, Karl Wilhelm Jähnig: Caspar David Friedrich. Gemälde, Druckgraphik und bildmäßige Zeichnungen, München 1973, S.403, Nr.bei Kat. Nr. 342

Caspar David Friedrich 1774-1840. Romantic Landscape painting in Dresden, Ausst.-Kat. Tate Gallery, London 1972, S.20, 27, 54, 83, Nr.85

Werner Sumowski: Caspar David Friedrich-Studien, Wiesbaden 1970, S.150

Nineteenth-century German drawings and water-colours, hrsg. von Dieter Graf, London 1968, S.22, Nr.13, Abb.

Sigrid Hinz: Caspar David Friedrich als Zeichner. Ein Beitrag zur stilistischen Entwicklung und ihrer Bedeutung für die Datierung der Gemälde, Bd. 2, Greifswald, Univ., Diss. 1966, S.53, Nr.346

Sigrid Hinz: Caspar David Friedrich als Zeichner. Ein Beitrag zur stilistischen Entwicklung und ihrer Bedeutung für die Datierung der Gemälde, Bd. 1, Greifswald, Univ., Diss. 1966, S.87, Anm. 1

Helmut Börsch-Supan: Die Bildgestaltung bei Caspar David Friedrich, München 1960, zugl. Berlin, Univ. Diss. 1958, S.41, Anm. 4

Charlotte Margarethe de Prybram-Gladona: Caspar David Friedrich, Paris 1942, S.115

Herbert von Einem: Caspar David Friedrich, Berlin 1938, Nr.6

Ausstellung deutscher Kunst aus der Zeit von 1775-1875. Zeichnungen, Aquarelle. Pastelle, Ölstudien. Miniaturen und Möbel, Ausst.-Kat. Königliche Nationalgalerie Berlin 1906, S.39, Nr.2436