Anthonie Waterloo, zugeschrieben Jacob Isaackszoon van Ruisdael, ehemals zugeschrieben
Landschaft mit Gebirgsstrom, um 1635 - 1640
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Anthonie Waterloo, zugeschrieben Jacob Isaackszoon van Ruisdael, ehemals zugeschrieben

Landschaft mit Gebirgsstrom, um 1635 - 1640

Anthonie Waterloo, zugeschrieben Jacob Isaackszoon van Ruisdael, ehemals zugeschrieben

Landschaft mit Gebirgsstrom, um 1635 - 1640

Weder Giltay noch Slive nahmen die traditionell Jacob van Ruisdael zugeschriebene Zeichnung in ihre Werkverzeichnisse auf. Martina Sitt hingegen sah einen kompositorischen Zusammenhang mit einem Gemälde des Künstlers.(Anm.1) Eine sich daraus ableitende Funktion als Ideenskizze muss aus stilistischen Gründen aber ausgeschlossen werden. Anlass zu Vorbehalt gibt zum einen die freiere Handschrift mit der weicher gerundeten Linienführung: Ruisdaels gesicherte Entwürfe wirken in ihrer Struktur klarer und systematischer.(Anm.2) Ungewöhnlich für Van Ruisdael ist zum anderen die Verwendung von schwarzer und weißer Kreide auf getöntem Papier.
In dieser Technik arbeiteten jedoch Künstler wie Simon de Vlieger (Anm.3) und Anthonie Waterloo, wobei die kräftiger artikulierten, geschlossenen graphischen Strukturen im Bereich des Baumschlages eher in Richtung Waterloos deuten, ebenso wie die Parallelschraffur, die eng gefalteten Zickzacklinien und kräftig konturierten Baumstämme.(Anm.4) Das etwas wirre Liniengeflecht verbindet mit Waterloos Radierungsentwurf Inv.-Nr. 22691, aber auch mit den frühen Zeichnungen der Van Goyen-Nachfolge (Kat.-Nr. 21992–22994) und der deutlich später anzusetzenden, ebenfalls ehemals Van Ruisdael zugeschriebenen Inv.-Nr. 22459. In der Komposition erinnert die Zeichnung an Waterloos Radierung H. 78; möglicherweise wurden hier Anregungen eines Sadeler-Stiches nach Savery verarbeitet (H. 226).(Anm.5)
Eine Zuschreibung an Waterloo erscheint also plausibel, wobei das Blatt am ehesten dem Frühwerk zuzuordnen und in die zweite Hälfte der 1630er Jahre anzusetzen wäre. In dieser Zeit wird die erste Begegnung bzw. künstlerische Auseinandersetzung mit Simon de Vlieger stattgefunden haben, womit eine Erklärung für die stilistischen Bezüge zu diesem Künstler gegeben wäre.(Anm.6)

Annemarie Stefes

1 „Flusslandschaft mit Brücke“, Privatbesitz, Seymour Slive: Jacob van Ruisdael. A Complete Catalogue of His Paintings, Drawings and Etchings, New Haven und London 2001, Nr. 292: ausgehende 1650er Jahre; vgl. Sitt, in: Jacob van Ruisdael. Die Revolution der Landschaft, Ausst.-Kat. Hamburg, Hamburger Kunsthalle, Haarlem, Frans Hals Museum, Zwolle 2002, S. 124.
2 Vgl. die „Waldlandschaft mit Wanderer“, Kunsthalle Bremen, Kupferstichkabinett, Inv.-Nr. 53/311, Slive 2001, Nr. D 36, um 1650/55. Für Van Ruisdaels Ideenskizzen – Seymour Slive: Jacob van Ruisdael. A Complete Catalogue of His Paintings, Drawings and Etchings, New Haven und London 2001, S. 598 zählt im Œuvre des Künstlers 30 Blätter dieser Funktion – vgl. „Landschaft mit den Ruinen der alten Kirche von Muiderberg“, Wien, Grafische Sammlung Albertina, Inv.-Nr. 10116, Seymour Slive: Jacob van Ruisdael. A Complete Catalogue of His Paintings, Drawings and Etchings, New Haven und London 2001, Nr. D122 oder „Flusslandschaft“, Ams-terdam, Erben J. Q. van Regteren Altenas, ebd. Nr. D 16.
3 An das Verso einer auf blauem Papier gearbeiteten De Vlieger-Zeichnung erinnert die Rötelstudie auf der Rückseite des Blattes in ihrer beinahe fahrigen Anlage: Amsterdam, Rijksprentenkabinet, Inv.-Nr. RP-T-1892-A-2718, Marijn Schapelhouman, Peter Schatborn: Dutch Drawings of the Seventeenth Century in the Rijksmuseum Amsterdam. Artists born between 1580 and 1600, London 1998, Nr. 413. Vgl. auch Rötel-Zeichnungen De Vliegers, z. B. Groninger Museum, Inv.-Nr. 1952-136; Rotterdam, Museum Boijmans Van Beuningen, Inv.-Nr. H 140 (freundlicher Hinweis von Christiaan P. van Eeghen, 5. 6. 2008).
4 So auch Christiaan van Eeghen in einem Brief vom 5. 6. 2008.
5 Für diesen Hinweis danke ich Christiaan P. van Eeghen.
6 Siehe Anm. 3.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Verso unten links Stempel der Hamburger Kunsthalle (L. 1328); Mitte rechts bezeichnet: "11 3/4 - 9 3/4 / No 220" (Bleistift, Harzen?)

Wasserzeichen / Kettenlinien

-
28-29 mm (h)

Verso

Titel verso: Eingefasste Studie eines mit Laubbäumen bestandenen Bergmassivs, darauf eine Burg

Technik verso: Rötel

Provenienz

Georg Ernst Harzen (1790-1863), Hamburg (L. 1244) (NH Ad:01:02, fol. 59: "[Verflg. Ruisdael] Große Gebirgs und Felsenlandschaft von einem Flusse bewässert über den ein Steg führt, den ein Bauer mit seinem Hunde passiert. Zwischen Felsblöcken mit jungen Eichen bewachsen bildet ein Waldbach {ein} im Vorgrunde einen Wasserfall. Wild und flüchtig in Kreide auf grau Papier ausgeführt und gehöht. 11.9.9.9 Hinten eine kleine Landschaft flüchtig mit Röthel skizziert."; NH Ad: 02: 01, S. 268); Legat Harzen 1863 an die „Städtische Gallerie“ Hamburg; 1868 der Stadt übereignet für die 1869 eröffnete Kunsthalle

Bibliographie

Stefes, Annemarie: Niederländische Zeichnungen 1450-1850. Katalog II van Musscher - Zegelaar, hrsg. von Gaßner, Hubertus und Stolzenburg, Andreas, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 3, Böhlau Verlag Köln Weimar Wien 2011, S.616-617, Nr.1174

Jacob van Ruisdael. Die Revolution der Landschaft, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle u.a., Zwolle 2001, S.124, Abb.2