Anonym, Rom (?), 2. Hälfte 16. Jahrhundert
Männliche Halbfigur (Fragment),
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Anonym, Rom (?), 2. Hälfte 16. Jahrhundert

Männliche Halbfigur (Fragment),

Anonym, Rom (?), 2. Hälfte 16. Jahrhundert

Männliche Halbfigur (Fragment)

Das Blatt gelangte als Werk Michelangelos in die Sammlung, wahrscheinlich, weil man um 1860 den muskulösen Körperbau und die starke Kopfdrehung am ehesten mit diesem Künstler in Verbindung brachte. Figurenstudien Michelangelos, z. B. für die Medici-Gräber, zeigen ähnlich verdrehte, muskulöse Gestalten.(Anm.1) Auch finden sich dort Details wie die auffallend große Brustwarze. Interessanterweise hat man die alte Zuschreibung Harzens in Hamburg bis in die jüngste Vergangenheit in verschiedenen Ausstellungen, wenn auch zuletzt mit Vorbehalt, aufrechterhalten. Dies erstaunt insofern, als das Blatt von keinem der Michelangelo-Forscher des 20. Jahrhunderts ernsthaft diskutiert worden ist und daher in keinem der großen Corpus-Werke auftaucht. Für Nicholas Turner ist diese Nichtbeachtung schwer nachvollziehbar, da er die alte Zuschreibung an Michelangelo zumindest für diskutierbar hält.(Anm.2) In jedem Fall dürfte der anonyme Zeichner nicht zuletzt aufgrund der erkennbaren „fierezza“ des Dargestellten unter dem Einfluss des großen Künstlers gestanden haben. Carel van Tuyll (Anm.3), Hugo Chapman (Anm.4) und Roberto Contini (Anm.5) halten eine Entstehung in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts für sehr wahrscheinlich. Van Tuyll und Contini erkennen eine größere Nähe zu Cesare d’Arpino.

David Klemm

1 Vgl. z. B. Paris, Musée du Louvre, Département des Arts Graphiques, Inv.-Nr. 686, Musée du Louvre. Département des arts graphiques. Inventaire général des desseins italiens VI: Michel-Ange Éléves et copistes, bearb. von Paul Joannides unter Mitarbeit v. Véronique Goarin, Catherine Scheck, Paris 2003, S. 131–132, Nr. 24.
2 Mündliche Mitteilung auf der Grundlage einer Digitalphotographie, 12.3.2008.
3 Diskussion während des Symposiums „Italienische Altmeisterzeichnungen 1450 bis 1800“ am 27. und 28.10.2005 im Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle.
4 Mündliche Mitteilung auf der Grundlage einer Digitalphotographie, 18. 1. 2008.
5 Mündliche Mitteilung auf der Grundlage einer Digitalphotographie, 24. 4. 2008.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Auf dem Verso bezeichnet: "Michel Angelo Buonarotti fec." (Bleistift); "M 27. 6.0 [Quadrat]" (Bleistift); unten in der Mitte Stempel der Hamburger Kunsthalle (L. 1328)

Provenienz

David Christopher Mettlerkamp (1774-1850), Hamburg (nicht bei Lugt); auf dessen Nachlaßauktion 1857 erworben von Georg Ernst Harzen (1790-1863), Hamburg (L. 1244); NH Ad : 02 : 01, S. 210 (als Michelangelo); NH Ad : 01 : 03, fol. 91 (als Michelangelo): "Männliche Halbfigur. Treffliche Kreidzeichnung. Fragment. 6 im Quadr."; Legat Harzen 1863 an die "Städtische Gallerie" Hamburg; 1868 der Stadt übereignet für die 1869 eröffnete Kunsthalle

Bibliographie

David Klemm: Italienische Zeichnungen 1450-1800. Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 2, Köln u. a. 2009, S.407-408, Nr.623

Eckhard Schaar, David Klemm: Italienische Zeichnungen der Renaissance aus dem Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle 1997, S.98-99, Nr.37, Abb.36

[Wolf Stubbe]: Italienische Zeichnungen 1500-1800. Ausstellung aus den Beständen des Kupferstichkabinetts, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle 1957, S.16, Nr.52, Abb.Taf. 10

V. T. [nicht aufgelöst]: Amburgo: Mostra di disegni italiani dal XV al XVIII secolo, in: Emporium. Rivista mensile illustrata d'arte e di cultura 76, 1957, Nr. 126, S. 228-229, S.229

Wilhelm Koopmann: Einige weniger bekannte Handzeichnungen Raffaels, in: Jahrbuch der Königlich Preußischen Kunstammlungen 12, 1891, S. 40-49, S.40

Verzeichniss der vom Herrn Oberstlieutenant D. C. Mettlerkamp nachgelassenen vorzüglichen Sammlung von Original-Handzeichnungen, 30. 9.1857 ff., Christian Meyer, Hamburg 1857, S.3, Nr.27