Anonym, Oberitalien(?), Ende 16. Jh./Anfang 17 Jh. (?)
Anonym, Oberitalien(?), Ende 16. Jh./Anfang 17 Jh. (?)
Die Zeichnung zeigt die Aufnahme Mariens in den Himmel, wobei mit ihrer Krönung der bedeutendste Augenblick dieses Ereignisses dargestellt wird. Allgemein ist die Komposition an berühmte Vorbilder – wie Dürers Holzschnitt aus dem Marienleben (Anm.1) – angelehnt, doch verdeutlicht gerade ein Vergleich die Eigenart der Komposition. Auffallend ist, dass der irdische Bereich – im Gegensatz zu Dürers Lösung – ein räumliches Übergewicht gegenüber der himmlischen Zone erhält. Zudem nehmen die Apostel auf der Hamburger Zeichnung deutlich weniger Anteil an dem Geschehen als dies bei Dürer erkennbar ist.
Die Zeichnung wurde aufgrund der alten Aufschrift zunächst Jacopo Palma, genannt Palma Giovane (1548 – um 1628) zugeschrieben. Janos Scholz sah das Blatt im näheren Kunstkreis von Florenz, wobei er Giovanni Stradano (1523–1605) in Erwägung zog.(Anm.2) Beide Vorschläge wirken im Vergleich mit gesicherten Zeichnungen der angeführten Künstler wenig überzeugend. Im Corpus Gernsheim des Kunsthistorischen Instituts in Florenz wurde das Blatt mit einigem Vorbehalt Giovanni Battista Maganza zugewiesen.
Mehrere Kartonnotizen – allesamt anonym – verweisen zum Teil zurückhaltend, zum Teil zustimmend auf Genua; konkret wurde Giovanni Battista Paggi (1554–1627) als möglicher Künstler angeführt. Für Genua mögen die abstrahierende Tendenz der Zeichnung, die lockere Konturierung und die frische Lavierung sprechen. Diese Charakteristika sind seit Cambiasos dominierendem Auftreten auf Genueser Zeichnungen des 16. und 17. Jahrhunderts häufig erkennbar.
Typisch für Paggi wären die gedrängte Gruppierung der Menschen sowie die durch lockere Lavierung erzielten starken Kontraste von Hell und Dunkel.(Anm.3) Für diesen Künstler sprechen auch die lockere Konturierung sowie der weitgehende Verzicht auf Binnenschraffierung. Eine Herkunft aus dem Umkreis von Paggi erscheint daher durchaus denkbar. Ungewöhnlich bei dem Hamburger Blatt ist allerdings die rotbraune Farbe der Lavierung.
Die schwach erkennbare Quadrierung könnte darauf hindeuten, dass das Blatt als Vorzeichnung für ein Gemälde oder Fresko gedient hat. Das Kardinalszeichen am unteren Bildrand ließe dann auf einen möglichen geistlichen Auftraggeber schließen.
Das Blatt ist die einzige italienische Zeichnung des Hamburger Kupferstichkabinetts aus dem Besitz der Familie Meyer, die für die Geschichte des Sammelns von Zeichnungen in Hamburg bedeutsam ist.(Anm.4)
David Klemm
1 The Illustrated Bartsch 10 (7), 94 (132).
2 Notiz in der Corpus Gernsheim-Kartei im Archiv des Kupferstichkabinetts.
3 Vgl. Mary Newcome inGenoese Baroque Drawings, bearb. v. Mary Newcome, Ausst.-Kat. Binghamton, University Art Gallery, Worcester Art Museum, Binghamton, N.Y. 1972, S. 8, bei Nr. 19.
4 Vgl. Peter Prange: Deutsche Zeichnungen 1450-1800, 2 Bde., Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett, Bd.1, hrsg. v. Hubertus Gaßner, Andreas Stolzenburg, Köln, Weimar, Wien 2007, I, S. 1–2.
Details zu diesem Werk
Beschriftung
Wasserzeichen / Kettenlinien
WZ: Ovaler Wappenschild, Inhalt nicht erkennbar, mit ornamentaler Verzierung und Quasten (Kardinalswappen); Typus ähnlich Heawood 789-800 (allesamt Italien 17. Jh., vornehmlich 2. Drittel).
Provenienz
Johann Valentin Meyer (1745-1811), Hamburg (L. 1551 a, Suppl.); Georg Christian Lorenz Meyer (1787-1866), Hamburg; Arnold Otto Meyer (1825-1913), Hamburg (L. 1994); Albrecht Lorenz Lorenz Meyer, Hamburg
Bibliographie
David Klemm: Italienische Zeichnungen 1450-1800. Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 2, Köln u. a. 2009, S.425-426, Nr.667
Verzeichniss der von dem verstorbenen Herrn Johann Valentin Meyer weiland Senator hieselbst nachgelassenen berühmten Sammlung von Original-Handzeichnungen und Kupferstichen aus allen Schulen ..., 15.12.1812, Johann Noodt, Hamburg 1812, S.48, Nr.102