Anonym (niederländisch, um 1520) Anonym (deutsch, 16. Jh.), ehemals zugeschrieben
Männlicher Kopf, um 1520
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Anonym (niederländisch, um 1520) Anonym (deutsch, 16. Jh.), ehemals zugeschrieben

Männlicher Kopf, um 1520

Anonym (niederländisch, um 1520) Anonym (deutsch, 16. Jh.), ehemals zugeschrieben

Männlicher Kopf, um 1520

Das Blatt lag ehemals unter den deutschen Zeichnungen, vermutlich aufgrund des von fremder Hand hinzugefügten Aldegrever-Monogrammes. Jedoch handelt es sich um die Arbeit eines „Antwerpener Manieristen“, wie erstmals von Fritz Koreny vorgeschlagen wurde.(Anm.1) Die phantasievolle Kopfbedeckung und die schwere, doppelt über die Brust gelegte Goldkette erinnern an Darstellungen der Heiligen drei Könige,(Anm.2) so dass man davon ausgehen kann, dass es sich hier um eine Studie zu einer derartigen Figur handelt. Ein in der Gattung verwandter Studienkopf befand sich ehemals in der Sammlung David Daniels.(Anm.3) Von dieser Zeichnung unterscheidet sich unser Blatt in den fahrigen Krakeln und lang gezogenen, „peitschenden“ Federstrichen – Eigenschaften, die wiederum an Zeichnungen erinnern, die dem „Meister von Amiens“ zugeordnet werden.(Anm.4) Die grimmigen Männergesichter und die äußerst unruhige Linienführung auf dessen „Marientod“ ließen sich ebenfalls mit unserem Blatt in Verbindung bringen.(Anm.5)

Annemarie Stefes

1 Mündlich, 19. 4. 2005. – Zu Aldegrever besteht kein direkter Bezug, mit Ausnahme von entfernt vergleichbaren Gesichtstypen, vgl. den Soldat auf H. 72 von 1553.
2 Z. B. die „Anbetung der Könige“ des Meisters der Von Groote Anbetung, Sammlung von Canstein, Schloss Kitzburg, Peter van den Brink, Maximilian P. J. Maartens (Hrsg.): ExtravagAnt! A forgotten chapter of Antwerp Painting 1500-1530, Ausst.-Kat. Antwerpen, Koninklijk Museum voor Schone Kunsten, Maastricht, Bonnefantenmuseum, Schoten 2005, Nr. 64. Eine Zuschreibung an diesen Meister ist jedoch unwahrscheinlich aufgrund stilistischer Abweichungen von den einzigen gesicherten Zeichnungen: „Abraham und Melchisedek“ und „Passah-Mahl“, Paris, Musée du Louvre, Département des Arts Graphiques, Inv.-Nr. 18886 und Inv.-Nr. 18887, Frits Lugt: Maîtres des anciens Pays-bas nés avant 1550, Musée du Louvre, Cabinet des Dessins. Inventaire général des dessins des écoles du Nord, Bd. 4, Paris 1968, Nr. 140 und 141; Peter van den Brink, Maximilian P. J. Maartens (Hrsg.): ExtravagAnt! A forgotten chapter of Antwerp Painting 1500-1530, Ausst.-Kat. Antwerpen, Koninklijk Museum voor Schone Kunsten, Maastricht, Bonnefantenmuseum, Schoten 2005, Nr. 50–51.
3 „Pseudo Bles“, um 1520, Aukt.-Kat. London, Sotheby’s, 25. 4. 1978, Nr. 42 (74 x 76 mm). Für den Hinweis auf dieses Blatt danke ich Peter van den Brink. Boon führte diesen Kopf und ein stilistisch verwandtes Blatt in Paris, Fondation Custodia, Inv.-Nr. 5470, auf eine Vorlage Jan de Beers zurück, Karel G. Boon: The Netherlandish and German Drawings of the XVth and XVIth Centuries of the Frits Lugt Collection, 3 Bde., Paris 1992, S. 448, Nr. 257. Musterbücher dieses Künstlers dienten vermutlich auch als Vorlage für die Köpfe in Heinrich Vogtherrs „Kunstbüchlin“ (Straßburg 1538), vgl. Kristin Lohse Belkin: The Costume Book, Corpus Rubenianum Ludwig Burchard, Bd. 24, Brüssel 1980, S. 78, 178 und 180. Dem „Pseudo-Bles“ sind wiederum zwei Altarflügel in Ontario zugeschrieben, dessen Figurentypen ebenfalls an die Hamburger Skizze erinnern, vgl. Martha Wolff: Hebrew Kings and Antwerp Mannerists, in: Essays on Netherlandish Art in Honour of Alfred Bader, hrsg. von Volker Manuth, Axel Rüger, London 2004, S. 279-293, Abb. 3. Dessen unruhige Unterzeichnung (ebd., Abb. 7) ist nicht allzu weit entfernt von unserer Zeichnung, wirkt jedoch systematischer und disziplinierter, so dass eine Zuschreibung unseres Blattes an den „Pseudo-Bles“ nicht in Betracht kommt.
4 „Aristoteles und Phyllis“, London, British Museum, Department of Prints and Drawings, Inv.-Nr. 1929,0416.1, Peter van den Brink, Maximilian P. J. Maartens (Hrsg.): ExtravagAnt! A forgotten chapter of Antwerp Painting 1500-1530, Ausst.-Kat. Antwerpen, Koninklijk Museum voor Schone Kunsten, Maastricht, Bonnefantenmuseum, Schoten 2005, Nr. 46; „Johannes der Täufer in der Wüste“, Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett, Inv.-Nr. KdZ 12883, Corpus Gernsheim 39239.
5 Antwerpen, Museum Mayer Van den Bergh, Inv.-Nr. 119, Peter van den Brink, Maximilian P. J. Maartens (Hrsg.): ExtravagAnt! A forgotten chapter of Antwerp Painting 1500-1530, Ausst.-Kat. Antwerpen, Koninklijk Museum voor Schone Kunsten, Maastricht, Bonnefantenmuseum, Schoten 2005, Nr. 28.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Unten links monogrammiert: "AG" (Feder in Braun); verso oben Mitte monogrammiert: "AG" (Bleistift?); Verso in der Mitte L. 1234

Wasserzeichen / Kettenlinien

-
25 mm (horizontal)

Provenienz

Georg Ernst Harzen (1790-1863), Hamburg (L. 1244), NH Ad: 01: 04, fol. 134: "Brustbild eines bärtigen Alten. Mit Monogramm. Kreide und geistreich mit Feder vollendet. 2.4.3.9"; und Ad: 02: 01, S. 231; Legat Harzen 1863 an die „Städtische Gallerie“ Hamburg; 1868 der Stadt übereignet für die 1869 eröffnete Kunsthalle

Bibliographie

Stefes, Annemarie: Niederländische Zeichnungen 1450-1850. Katalog II van Musscher - Zegelaar, hrsg. von Gaßner, Hubertus und Stolzenburg, Andreas, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 3, Böhlau Verlag Köln Weimar Wien 2011, S.648-649, Nr.1241