Anonym (italienisch, 17. Jh. ?), Zeichner/in
Blutwunder Christi,
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Anonym (italienisch, 17. Jh. ?), Zeichner/in

Blutwunder Christi,

Anonym (italienisch, 17. Jh. ?), Zeichner/in

Blutwunder Christi

Das Blatt zeigt die Erlösung der Menschen durch das Blut Christi.(Anm. 1) Zu sehen ist der auf der Weltkugel sitzende Christus, ein großes Kreuz in seiner linken Hand haltend. Aus seinen Wunden spritzt in hohem Bogen Blut heraus, das von den Seelen im Fegefeuer begierig aufgenommen wird. Diese Hauptszene wird von sechs Engeln umrahmt, die in Anbetung verharren oder Weihrauch schwenken. Oberhalb davon schweben Putti mit den Leidenswerkzeugen, zwei von ihnen halten die Dornenkrone über dem Haupt Christi.
Die Figuren sind mit leichter Feder gezeichnet. Effektvoll wurde die Plastizität der Körper mittels dunkler, feiner Federzüge und Weißhöhungen gesteigert. Der halbrunde obere Abschluss lässt an die Funktion als Vorzeichnung für ein Gemälde denken.
Die Einordnung des Blattes ist schwierig. Wolf Stubbe wollte 1963 eine Arbeit Alessandro Magnascos erkennen, doch lassen sich keine überzeugenden Vergleichsbeispiele benennen. Ins 18. Jahrhundert weist auch eine Notiz in der Kartei des Londoner Warburg-Institutes. Dem widerspricht die Beobachtung, dass das Thema in jener Zeit offensichtlich sehr ungewöhnlich ist. Darstellungen mit den segensreichen Wirkungen des Blutes Christi sind vor allem im Spätmittelalter nachweisbar. In der Zeit der katholischen Reform widmen sich mehrere Graphiken, auffallend häufig von flämischen Stechern, dem Thema. Maarten van Heemskerck (1498–1574) und Adriaen Collaert (1560–1618) zeigen Christus als stehende Person, wie in Hamburg zumeist ein großes Kreuz haltend. Hugo Chapman vermutete einen vielleicht im sienesischen Kunstkreis tätigen Zeichner des 16. Jahrhunderts.(Anm. 2) Philip Pouncey ordnete die Zeichnung dagegen ins 17. Jahrhundert, indem er per Kartonnotiz den in Sizilien tätigen Pietro Novelli (1603–1647), gen. il Monrealese, vorschlug. Ein Blatt im British Museum mit der Erscheinung eines Bischofs vor Christus und Gottvater ähnelt in der lockeren Strichführung dem Hamburger Blatt; allerdings ist dieses in einer anderen Technik – Feder und Lavierung – ausgeführt und deshalb mit dem Hamburger Blatt nur schwer zu vergleichen.(Anm. 3)
In jedem Fall ist die alte Bildtradition in diesem Beispiel zu einer ungewöhnlichen Komplexität gesteigert. Äußerst selten ist dabei, dass das Blut nicht von irdischen Personen aufgenommen wird, sondern im Fegefeuer segensreich wirkt.

David Klemm

1 Vgl. die Kartei im Warburg-Institute, London.
2 Mündliche Mitteilung auf der Grundlage einer Digitalphotographie, 18.1.2008.
3 London, British Museum, Department of Prints and Drawings Inv.-Nr. 1956-7-14-64; konkretere Bezüge zu Novelli ließen sich bislang nicht herstellen. Vgl. Guido di Stefano. Pietro Novelli il monrealese. Catalogo delle opere e repertori, hrsg. v. Angela Mazzè, Palermo 1989; Pietro Novelli e il suo ambiente, bearb. v. Maria Pia Demma, Ausst.-Kat. Palermo, Real Albergo dei Poveri, Palermo 1990.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Auf dem Verso Stempel der Hamburger Kunsthalle (L. 1233); unten links Stempel der Sammlung Rhodin (L. 2179); davon rechts Aufkleber mit der Aufschrift: "Coll. W. v. d. Hellen."; unterhalb davon Aufkleber mit der Aufschrift: "Coll. v. Rhodin."; am rechten unteren Rand nummeriert: "170[?]" (Rötel); oberhalb davon nummeriert: "Nr 59" (Bleistift); unten rechts Aufkleber mit der Aufschrift: "Italienisch"

Wasserzeichen / Kettenlinien

WZ: Zeichen „4[?]M“ in Wappenschild, darüber Buchstabe „F“; vom Typus ähnlich Heawood 3186.

Provenienz

Carl Fredrik Christian Rhodin (1821-1886), Altona (L. 2179); Washington von der Hellen (1834-1900), Hamburg (nicht bei Lugt); Gustav von der Hellen (1879-1966), San Isidro/Argentinien (nicht bei Lugt); Schenkung von der Hellen 1962 an die Hamburger Kunsthalle

Bibliographie

David Klemm: Italienische Zeichnungen 1450-1800. Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 2, Köln u. a. 2009, S.439, Nr.704

Wolf Stubbe: Die Sammlung von der Hellen, in: Jahrbuch der Hamburger Kunstsammlungen 8, Hamburg 1963, S. 153-180, S.154