Anonym (italienisch?, 16. Jh.)
Anonym (italienisch?, 16. Jh.)
Die drei im Format fast gleichgroĂen und in identischer Technik ausgefĂŒhrten BlĂ€tter gelangten als Arbeiten Giulio Romanos in die Hamburger Sammlung. Da sie sich mit dessen Werk nicht verbinden lassen, wurden sie zu einem spĂ€teren, nicht genau bestimmbaren Zeitpunkt als Arbeiten eines deutschen Zeichners um 1600 eingeordnet. Eine Diskussion ĂŒber die BlĂ€tter auf dem Hamburger Kolloquium der Deutschen Zeichnungen im Oktober 2005 lieĂ jedoch gröĂere Zweifel an dieser EinschĂ€tzung aufkommen. Eine in ErwĂ€gung gezogene Zuordnung zur niederlĂ€ndischen Zeichenkunst wurde von Holm Bevers, Berlin, als sehr problematisch eingeschĂ€tzt.(Anm. 1) Die Einordnung unter die italienischen Zeichnungen ist vor allem in der Ăhnlichkeit vereinzelter Motive mit Werken italienischer KĂŒnstler begrĂŒndet. So findet sich die links schlafende Figur auf dem vorliegenden Blatt "Der Teufel als SĂ€mann" in Ă€hnlicher, wenn auch seitenverkehrter Form auf verschiedenen GemĂ€lden der Familie Bassano wieder.(Anm. 2) Die Darstellung Christi auf dem Esel auf dem Blatt "Einzug in Jerusalem" Ă€hnelt einer Lösung auf einem Blatt Bernardo Castellos in Darmstadt.(Anm. 3) Letztlich sei auf eine Ă€hnliche Komposition der Speiseszene von Paolo Farinato verwiesen, die allerdings in der zeichnerischen QualitĂ€t deutlich besser ist.(Anm. 4) Diese Beobachtungen verweisen auf einen Entstehungsort der BlĂ€tter im oberitalienischen Kunstraum. Generell ist zu beobachten, daĂ die Binnenzonen der klar konturierten Figuren und RĂ€ume nur durch WeiĂhöhungen bzw. schwarze Schraffen differenziert sind. Dadurch sind die Szenen klar erkennbar, was durch eine ĂŒbersichtliche Anordnung unterstĂŒtzt wird. Neben einer schlichten Reihung der Personen beim "Einzug" und beim "SĂ€mann" wird das vielfigurige "Abendmahl" aus leichter Aufsicht gezeigt, so daĂ sĂ€mtliche Figuren gut voneinander unterscheidbar sind. Die Tendenz zur kompositonell einfachen und zeichentechinsch leicht abstrahierenden Wiedergabe erinnert an das Verfahren des Holzschnittes. Diese Verbindung findet durch den auf allen BlĂ€ttern verwendeten grĂŒnen Fond eine weitere StĂ€rkung. So ist durchaus denkbar, daĂ die Zeichnungen wie Chiaroscuro-Holzschnitte wirken sollen oder daĂ sie Vorzeichnungen fĂŒr derartige Graphiken darstellen. Diese Technik hatte im 16. Jahrhundert vor allem in Italien und Deutschland eine starke Beachtung gefunden, wobei das Interesse sĂŒdlich der Alpen wohl etwas lĂ€nger angehalten hat. Trotz der hier angesprochenen BezĂŒge der drei BlĂ€tter zur italienischen Kunst bleibt eine endgĂŒltige Zuordnung zu einem bestimmten Kunstkreis vorerst schwierig. Denn einzelne Figuren wie der SchlĂ€fer links finden sich in Ă€hnlicher Form auch in der niederlĂ€ndischen Malerei um 1600, etwa bei Abraham Bloemaert.(Anm. 5) Problematisch ist vor allem die Schwierigkeit, die Zeichentechnik ĂŒberzeugend mit einem italienischen KĂŒnstler in Verbindung zu bringen. Die Einordnung bei den italienischen KĂŒnstlern erfolgt daher unter groĂem Vorbehalt.
David Klemm
1 Mitteilung auf dem Hamburger Kolloquium der deutschen Zeichnungen, Oktober 2004.
2 Vgl. z. B. "Der schlafende Hirt", um 1568 Jacopo Bassano, Budapest, SzĂ©pmƱvĂ©szeti MĂșzeum Inv. Nr. 119.
3 Darmstadt, Hessisches Landesmuseum, Graphische Sammlung, Inv. Nr. AE 1545. Vgl. Auss.-Kat. Darmstadt 1990, S. 58, Nr. 25 mit Abb.
4 Paolo Farinati: Der Hl. Gregor speist mit den Armen, Turin, Biblioteca Reale, Inv. Nr. 15951 D.C. Vgl. Ausst.-Kat. Turin 1990, S. 144-145, Nr. 58 mit Abb. Vergleichbar ist vor allem die Anordnung des Tisches und der rechten Gruppe inkl. der RĂŒckenfigur im Vordergrund.
5 Roethlisberger 1993, S. 96-97, Kat. 51; vgl. vor allem die Stellung der beiden Unterschenkel. Ob diese Ăhnlichkeit ĂŒber eigene Formerfindungen oder ĂŒber italienische EinflĂŒsse zustande gekommen ist, muĂ offen bleiben.
Details zu diesem Werk
Beschriftung
Provenienz
Schwarzenberg (?); Washington von der Hellen (1834-1900), Hamburg (nicht bei Lugt); Gustav von der Hellen (1879-1966), San Isidro/Argentinien (nicht bei Lugt); Schenkung von der Hellen 1962 an die Hamburger Kunsthalle