Anonym (flämisch)
Der Leichnam Christi auf dem Grab,
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Anonym (flämisch)

Der Leichnam Christi auf dem Grab,

Anonym (flämisch)

Der Leichnam Christi auf dem Grab

Aus unterschiedlichen Blickwinkeln ist der Leichnam Christi dargestellt: zuerst in Aufsicht, ein zweites Mal aus leicht untersichtiger Perspektive. Ganz links wurde der Kopf noch einmal wiederholt. Die Wiedergabe des Motivs aus verschiedenen Ansichten lässt auf ein dreidimensionales Objekt schließen. Dabei handelt es sich bei Inv.-Nr. 21526 nicht um die Nachzeichnung einer bereits vorhandenen Skulptur, sondern um die Entwurfs- bzw. Präsentationszeichnung für ein entsprechendes Bildwerk.(Anm.1) Die von gleicher Hand geschriebenen Bemerkungen waren wohl an den Auftraggeber gerichtet und betonen, dass es sich nur um einen ersten Rohentwurf handeln sollte („es ist grob gemacht / es soll besser …“). Darüber hinaus enthielt die Beischrift einen Lokalbezug auf die Stadt Gent, woraus sich mindestens eine Zuordnung in den flämischen Kulturkreis ableiten lässt. Der fließende Strich und das jugendlich-idealisierte Antlitz Christi mit dem nurmehr angedeuteten Bart deuten auf eine Entstehung im späten 17. Jahrhundert. Eine grundsätzlich verwandte Skulptur des flämischen Bildhauers Jean Delcour (1627–1707) aus dem Jahre 1696 bestätigt diesen Ansatz.(Anm.2) Ähnlich beschriftete Bildhauerzeichnungen werden Willem Kerricx (1652–1719) zugeschrieben.(Anm.3)
Auch ein Zusammenhang mit einer Kleinskulptur ist nicht ausgeschlossen, wie sie etwa von dem flämischen Bildhauer Francis van Bossuit (1635–1692) geschaffen wurden.(Anm.4)

Annemarie Stefes

1 So auch vorgeschlagen von Stijn Alsteens am am 23. 2. 2008 im Anschluss an das Symposium „Niederländische Altmeisterzeichnungen 1500 bis 1800“ im Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle.
2 Lüttich, Kathedrale St. Paul, Michel Lefftz: Jean Del Cour 1631-1707. Un émule du Bernin à Liège, Brüssel 2007, Abb. 121–123, bei allerdings deutlich bewegterem Faltenwurf.
3 Z. B. „Christus, der gute Hirte“, mutmaßlicher Entwurf für eine nicht ausgeführte Skulptur in Antwerpen, Schloss Loppem, Stichting Jean van Caloen, Cécile Kruyfhooft, Robert-Jan te Rijdt, Gert Jan van der Sman, Janno van Tatenhove: Het Kasteel van Loppem en de Stichting Jean van Caloen, in: Delineavit et Sculpsit 18, 1997, S. 1-63, Nr. 24.
4 „Leichnam Christi mit einem Engelputto“, Florenz, Museo degli Argenti, Palazzo Pitti, Inv.-Nr. Bargello 146, Christian Theuerkauff: Zu Francis van Bossuit (1635-1692), "Beeldsnyder in Yvoor", in: Wallraf-Richartz-Jahrbuch 37, 1975, S. 119-182, S. 169, Nr. 9.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Rechts alte Beischrift: "het is vry gedaen / het sou beter behor / en te ghent" (Feder in Braun); auf dem Verso in der Mitte bezeichnet: "Schrift deutsch [?]" (Bleistift, altdeutsch); links: Stempel der Hamburger Kunsthalle (L. 1328)

Wasserzeichen / Kettenlinien

-
ca. 18 mm (v)

Provenienz

Wahrscheinlich zwischen 1869 und 1886 durch Schenkung oder Erwerbung aus unbekannter Quelle in den Besitz der Hamburger Kunsthalle gelangt.

Bibliographie

Stefes, Annemarie: Niederländische Zeichnungen 1450-1850. Katalog II van Musscher - Zegelaar, hrsg. von Gaßner, Hubertus und Stolzenburg, Andreas, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 3, Böhlau Verlag Köln Weimar Wien 2011, S.674, Nr.1290