Anonym, Ende 18./ Anfang 19. Jahrhundert
Blick in einen Palast,
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Anonym, Ende 18./ Anfang 19. Jahrhundert

Blick in einen Palast,

Anonym, Ende 18./ Anfang 19. Jahrhundert

Blick in einen Palast

Die bisherige Einordnung des Blattes als Werk eines anonymen Zeichners aus dem Piranesi-Umkreis kann nicht mehr als eine annähernde Umschreibung sein. All zu weit ist die Qualität dieser Zeichnung von der virtuosen Entwurfskunst Piranesis entfernt. Wenig gelungen ist die komplexe Perspektivkonstruktion. Ungelenk wirken zahlreiche Detailformen wie die Treppenanlage im Vordergrund. Auch in den flüchtig hingeworfenen Deckenkassetten zeigen sich zeichnerische Schwächen. Dennoch ist die Verbindung mit Piranesi keineswegs völlig abwegig, wenn man den Anspruch des Entwurfs in Betracht zieht. Vergleichbar ist der Versuch, ein komplexes Raumgebilde anschaulich zu machen. Hier wird der Betrachter von einem relativ niedrigen Augenpunkt in eine sich weit in den Hintergrund erstreckende Architektur geleitet. Diese ist mit gekuppelten Säulen, gewaltigen Tonnengewölben und wohl auch einer Art Vierung mit angedeuteter Kuppel (?) von spektakulärem Anspruch. Unverkennbar sind hier auch Einflüsse von sakraler Architektur, so von der Peterskirche in Rom, spürbar. Die Anlage von Thron und Baldachin im Vordergrund macht es aber wahrscheinlicher, dass es sich hier um eine herrschaftliche Palastanlage handeln dürfte.
Die konkrete Zuweisung des Blattes an einen Zeichner ist schwierig, denn die Charakteristika des Hamburger Blattes lassen sich bei mehreren italienischen Architekturzeichnern des späten 18. und frühen 19. Jahrhunderts aufzeigen. In Frage käme z. B. Luigi Basiletti (1780–1860), der auf einer Architekturzeichnung in Mailand eine ähnlich freie Form der Linien, Kreis- und Viereckbildung, z. B. bei den Deckenkassetten, anwendet.(Anm.1) Vergleichbar wäre auch die Studie eines Innenraumes eines Palastes von Paolo Landriani (1757–1839) hinsichtlich der lockeren, skizzenhaften Zeichenweise, die auch leichte Verzerrungen in Kauf nimmt.(Anm.2)

David Klemm

1 Mailand, Castello Sforzesco Fef. No. 61, Gen. No 264; Corpus Gernsheim 104027.
2 Peter Fuhring: Design into Art. Drawings for Architecture and Ornament. The Lodewijk Houthakker Collection, 2 Bde., London, New York, Den Haag 1989, II, S. 641, Nr. 952.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Unten rechts: Stempel der Sammlung Philippi (L. 1335); auf dem Verso in der Mitte links: Stempel der Hamburger Kunsthalle (L. 1233); unterhalb davon am linken Rand: Stempel der Sammlung Philippi (L. 1335)

Verso

Titel verso: Vase

Technik verso: Schwarze Kreide [?]

Provenienz

Ludwig Hermann Philippi (1848-1908), Hamburg (L. 1335); Legat Philippi an die Hamburger Kunsthalle 1908

Bibliographie

David Klemm: Italienische Zeichnungen 1450-1800. Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 2, Köln u. a. 2009, S.453, Nr.741