Anonym Dirck Jacobsz. Vellert, ehemals zugeschrieben
Die Bestätigung der Ordensregel der Kartäuser durch Papst Viktor III., 1520 - 1530
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Anonym Dirck Jacobsz. Vellert, ehemals zugeschrieben

Die Bestätigung der Ordensregel der Kartäuser durch Papst Viktor III., 1520 - 1530

Anonym Dirck Jacobsz. Vellert, ehemals zugeschrieben

Die Bestätigung der Ordensregel der Kartäuser durch Papst Viktor III., 1520 - 1530

Die ikonographische Bestimmung dieser Szene geht zurück auf Boon, der das Blatt in Verbindung brachte mit einer Gruppe von Scheibenrissen mit Szenen aus dem Leben des Hl. Bruno; sie befinden sich in Rotterdam, Amsterdam, Chur, Dresden und ehemals in Londoner Privatbesitz.(Anm.1) Ein direkter serieller Zusammenhang besteht nicht: Bei den im Stil und Format nicht einheitlichen Blättern handelt es sich um Arbeiten verschiedener Künstler, die auf eine verschollene, wohl im Umkreis des Dirck Vellert oder Pieter Coecke van Aelst entstandene Folge zurückgreifen.(Anm.2) Die eigentümlich kantigen Schädel der Figuren weisen ebenfalls auf eine Vorlage aus dem Antwerpener Raum.(Anm.3) Innerhalb dieser Gruppe steht unser Blatt den Zeichnungen in Dresden und London besonders nahe, bei gleichzeitig zu beobachtenden Abweichungen: in der Verwendung der Pinselspitze für Konturen und Binnenzeichnung, den glatten, von stabartigen Röhrenfalten durchschnittenen Stoffen und den schlanken, eckig abgewinkelten Gliedmaßen.(Anm.4)
Die eigenartigen Physiognomien mit den herabgezogenen Mundwinkeln und verschatteten Augenhöhlen erinnern an Werke des Brüsseler Malers Jan van Coninxloo (um 1489–nach 1555), dem unser Blatt, ausgehend von einer Fehlinterpretation der Beischrift,(Anm.5) schon einmal zugeordnet worden war.(Anm.6) Gewisse stilistische Parallelen finden sich auch zu thematisch verwandten Arbeiten aus den nördlichen Niederlanden, etwa einer Kabinettscheibe in London oder einem Pariser Glasentwurf.7

Annemarie Stefes

1 Karel G. Boon: Netherlandish Drawings of the Fifteenth and Sixteenth Centuries, Catalogue of the Dutch and Flemish Drawings in the Rijksmuseum, 2Bde. Den Haag 1978, S. 169: „Der Hl. Bruno vor dem Hl. Hugo“, Rotterdam, Museum Boijmans Van Beuningen, Inv.-Nr. N 154; „Aufbruch des Hl. Bruno nach Rom“, Amsterdam, Rijksprentenkabinet, Inv.-Nr. RP-T-1958-117, Karel G. Boon: Netherlandish Drawings of the Fifteenth and Sixteenth Centuries, Catalogue of the Dutch and Flemish Drawings in the Rijksmuseum, 2Bde. Den Haag 1978, Nr. 459; „Der Papst sendet die Kartäuser zurück in ihr Kloster“, Chur, Sammlung R. Landolt; „Der Hl. Bruno erhält den päpstlichen Brief“, London, Sammlung Leonard Duke, Campbell Dodgson: Dierick Vellert, in: Old Master Drawings 10, 1936, Nr. 40, S. 66, Taf. 64; „Der Hl. Bruno betend in seiner Zelle“, Dresden, Staatliche Kunstsammlungen, Kupferstich-Kabinett, Inv.-Nr. C 2127, Georges Marlier: Pierre Coeck d'Alost, Brüssel 1966, S. 366. Möglicherweise ist eine Zeichnung in Frankfurt am Main, Städel Museum, Graphische Sammlung, Inv.-Nr. 729 dieser Gruppe anzuschließen, wie von Peter van den Brink vorgeschlagen wurde (Mitteilung vom 7. 6. 2004).
2 Vgl. Karel G. Boon: Netherlandish Drawings of the Fifteenth and Sixteenth Centuries, Catalogue of the Dutch and Flemish Drawings in the Rijksmuseum, 2Bde. Den Haag 1978, S. 169. – Offensichtlich existierten mehrere Zyklen zum Leben des Hl. Bruno; dies überrascht nicht angesichts der großen Zahl der um 1520 neu gegründeten Kartäuser-Klöster, vgl. Pater Hubertus Maria Blüm: Der Kartäuserorden, in: Die Kölner Kartause um 1500. Eine Reise in unsere Vergangenheit. Kölnisches Stadtmuseum 1991, S. 16-29, S. 27. Einen Terminus post quem für die Datierung unserer Zeichnung gibt die 1514 von Papst Leo X. erlassene Genehmigung zur Verehrung des Hl. Bruno. Aus der Zeit davor sind kaum Darstellungen des Heiligen vorhanden.
3 Vgl. „Messe des Hl. Gregor“, Antwerpen, Maagdenhuismuseum, Inv.-Nr. 22, Genie ohne Namen. Der Meister des Bartholomäus-Altars, hrsg. von Rainer Budde, Roland Krischel, Ausst.-Kat. Wallraf-Richartz Museum, Köln 2001, Nr. 99.
4 Das Dresdner Blatt ist mit 225 x 234 mm etwas kleiner, das Londoner (Durchmesser 282 mm) etwas größer als die Hamburger Zeichnung.
5 Die alte Annotation verweist vielmehr auf den italienischen Maler Alessandro Bonvicino, genannt Moretto da Brescia (um 1498–1554); diesem war das Blatt in der Sammlung Mettlerkamp zugeschrieben.
6 Karel G. Boon: Netherlandish Drawings of the Fifteenth and Sixteenth Centuries, Catalogue of the Dutch and Flemish Drawings in the Rijksmuseum, 2Bde. Den Haag 1978, S. 169 und ebd., Anm. 2. Vgl. Coninxloos „Darstellung im Tempel“, Rouen, Musée des Beaux-Arts, Inv.-Nr. 110 und Inv.-Nr. 111, Max Jakob Friedländer: Jan Gossaert and Bernart van Orley, hrsg. von Henri Pauwels und S. Herzog, Early Netherlandish Painting, Bd. 8000, Leiden 1972, S. 88, Tafel 133, Abb. A, oder die „Szenen aus dem Leben des Hl. Benedikt“, Brüssel, Musées Royaux des Beaux-Arts, Inv.-Nr. 109, Inv.-Nr. 110 a-b und Inv.-Nr. 880, Engellau-Gullander 1992, Abb. 132, 185, 220–221.
7 „Messe des Hl. Gregor“, Leiden, um 1520/25, London, Victoria & Albert Museum, Inv.-Nr. 1015-1905, Rembrandt/Not Rembrandt in The Metropolitan Museum of Art, Aspects of Connoisseurship. Bd. 1, Paintings: Problems and Issues, Bd. 2, Paintings, Drawings and Prints: Art-Historical Perspectives, Ausst.-Kat. The Metropolitan Museum of Art, New York 1995, S. 181-182; „Bischof, eine junge Frau tröstend“, Leiden, um 1525, Paris, Musée du Louvre, Département des Arts Graphiques, Inv.-Nr. 20909, Frits Lugt: Maîtres des anciens Pays-bas nés avant 1550, Musée du Louvre, Cabinet des Dessins. Inventaire général des dessins des écoles du Nord, Bd. 4, Paris 1968, Nr. 147. Vgl. auch die allerdings kontrastreicher und weniger fein gezeichneten „Sieben Werke der Barmherzigkeit“ aus dem Umkreis des Allaert Claesz., Wien, Grafische Sammlung Albertina, Inv.-Nr. 7844, Benesch 1928, Nr. 92, und Brüssel, Musées Royaux des Beaux-Arts, Sammlung De Grez, Inv. Nr. 4060/3558-4060/3561.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Bezeichnet unten Mitte: "A bonvincini" (Feder in Grau); verso bezeichnet Mitte: "9. 6." (Bleistift, Harzen?); unterhalb davon L. 1328

Wasserzeichen / Kettenlinien

-
ca. 27-28 mm (v)

Provenienz

David Christopher Mettlerkamp (1774-1850), Hamburg (nicht bei Lugt); auf dessen Nachlassauktion 1857 erworben von Georg Ernst Harzen (1790-1863), Hamburg (L. 1244) (NH Ad:01:02, fol. 86: "N.N. Ein Carthäusermönch wirft sich vor dem Pabste nieder der ihm den Segen ertheilt; im Hintergrund eine Kirche und Klostergebäude. Fleißig mit Feder und Tusche beendigte Zeichnung vor dem Anfange des 16 Jahrhunderts für eine Glasmalerey. Rund. darin 9.6."; NH Ad: 02: 01, S. 279: "Bez. A Buonvicini"); Legat Harzen 1863 an die „Städtische Gallerie“ Hamburg; 1868 der Stadt übereignet für die 1869 eröffnete Kunsthalle

Bibliographie

Stefes, Annemarie: Niederländische Zeichnungen 1450-1850. Katalog II van Musscher - Zegelaar, hrsg. von Gaßner, Hubertus und Stolzenburg, Andreas, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 3, Böhlau Verlag Köln Weimar Wien 2011, S.649, Nr.1242

Verzeichniss der vom Herrn Oberstlieutenant D. C. Mettlerkamp nachgelassenen vorzüglichen Sammlung von Original-Handzeichnungen, 30. 9.1857 ff., Christian Meyer, Hamburg 1857, S.6, Nr.85

Karel G. Boon: Netherlandish Drawings of the Fifteenth and Sixteenth Centuries, Catalogue of the Dutch and Flemish Drawings in the Rijksmuseum, Bd. 2, Den Haag 1978, S.168-169