Anonym, Bologna, 1. Hälfte 16. Jahrhundert
Herkules und Acheloos,
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Anonym, Bologna, 1. Hälfte 16. Jahrhundert

Herkules und Acheloos,

Anonym, Bologna, 1. Hälfte 16. Jahrhundert

Herkules und Acheloos

Das Blatt wurde früher Daniele da Volterra (1509–1566) zugeschrieben, doch lässt sich der Zeichenstil nicht mit dessen Werk verbinden.(Anm.1) Carel van Tuyll ist überzeugt, dass das Blatt bolognesischer Herkunft ist.(Anm.2) Dominique Cordellier schließt sich dieser Meinung an, wobei er eine Autorschaft Amico Aspertinis für möglich hält.(Anm.3) Auch Marzia Faietti ist von der Herkunft aus Bologna überzeugt, allerdings würde sie das Blatt lediglich in den Umkreis Aspertinis stellen.(Anm.4) Gegen Aspertini spricht für sie vor allem die etwas zu akademische Ausführung der Komposition. Dies belegt Aspertinis Zeichnung „Disputation der Manichäer mit dem Hl. Augustinus“ in Stockholm.(Anm.5) Das Blatt zeigt bei einer ähnlich theatralischen Inszenierung eines Ereignisses mit Renaissance-Architektur eine deutlich unruhigere Figurenbehandlung.
Thema der Darstellung ist „Herkules im Kampf mit Acheloos“.(Anm.6) Dieser älteste und vornehmste der griechischen Flussgötter hatte sich in Deianeira, die Tochter des Oineus, verliebt. Um gegen seinen Konkurrenten Herkules zu bestehen, verwandelte er sich zuerst in eine Schlange, zuletzt in einen Stier. Doch half ihm dies nicht, da Herkules dem in einen Stier verwandelten Flussgott eines der Hörner abbrach.(Anm.7) Die Hamburger Zeichnung zeigt demnach den Augenblick unmittelbar vor dieser entscheidenden Schwächung des Acheloos.
Das Thema erfreute sich in der antiken Kunst großer Beliebtheit, und auch in der Renaissance wurde es – wohl nicht zuletzt wegen der Möglichkeit, muskulöse Körper darstellen zu können – gern gewählt. Die Hamburger Version ist gegenüber Lösungen von Caraglio (nach Rosso) oder Virgil Solis deutlich theatralischer angelegt. Hierzu trägt nicht zuletzt die kulissenhafte Architektur im Hintergrund bei. Große motivische Ähnlichkeit der Kampfszene besteht zu einer Zeichnung von Bernardo Castello in Florenz, doch ist das Ereignis dort in einem anderen Raumzusammenhang und im Rahmen einer Wiedergabe anderer Heldentaten eingebunden.(Anm.8)

David Klemm

1 Vgl. zuletzt Daniele da Volterra. Amico di Michelangelo, hrsg. v. Vittoria Romani, Ausst.-Kat. Florenz, Casa Buonarroti, Florenz 2003.
2 Briefliche Mitteilung, 15.11.2005.
3 Briefliche Mitteilung, 15.11.2005.
4 Mündliche Mitteilung auf der Grundlage einer Digitalphotographie, 27.3.2008.
5 Stockholm, Nationalmuseum.
6 Ovid, Metamorphosen IX, 1ff.
7 Um sein Horn wiederzubekommen, musste er im Tausch ein Horn der Ziege Amaltheia (das sogenannte Füllhorn) hergeben.
8 Florenz, Gabinetto Disegni e Stampe degli Uffizi, Inv.-Nr. 13695 F; vgl. Disegni Genovesi dal XVI al XVIII Secolo, bearb. v. Mary Newcome Schleier, Gabinetto Disegni e Stampe degli Uffizi LXXI, Ausst.-Kat. Florenz, Gabinetto Disegni e Stampe degli Uffizi, Florenz 1989, S. 38–39, Nr. 12, mit Abb. 11.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Unten rechts nicht mehr entzifferbare Spuren einer Beschriftung (Graphit); auf dem Verso am linken Rand nummeriert: "371 [?]" (Bleistift); unterhalb davon: Stempel der Hamburger Kunsthalle (L. 1328); unten links: Stempel der Sammlung Rhodin (L. 2179); unten in der Mitte bezeichnet: "Daniele di Volterra" (Bleistift)

Provenienz

Carl Fredrik Christian Rhodin (1821-1886), Altona (L. 2179)

Bibliographie

David Klemm: Italienische Zeichnungen 1450-1800. Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 2, Köln u. a. 2009, S.394, Nr.599