Anonym, 16. Jahrhundert, Franken
Anonym, 16. Jahrhundert, Franken
Harzen hat das reizvolle Blatt eines jungen Paares auf der Falkenbeize zunächst Bartholomäus Zeitblom (1455/60–1518/22) zugeschrieben, danach Israel van Me-ckenem (1440/45–1503), als dessen Manier es auch inventarisiert wurde. Lehrs hat auf den Hausbuchmeister (tätig zwischen 1470–1505) hingewiesen (Anm. 1), bevor Winkler es auf Grund der „trockenen, wenig beweglichen Zeichenweise“ einem Nachfolger des Hausbuchmeisters zugewiesen hat, den mittelrheinischen Ursprung jedoch für nicht sicher hielt. Zuletzt hat Anzelewsky die Zeichnung dem Nürnberger Wolfgang Beurer (nachweisbar 1480–1504) zugeschrieben, in dem er auch den Monogrammisten WB erkennen möchte. Der Vergleich mit einer Zeichnung eines Liebespaars in Berlin (Anm. 2) und mit dem Stich des Brustbilds einer jungen Dame vom Meister WB (L. 4) indes überzeugt nicht. Bemerkenswerter ist der Hinweis auf ein männliches Bildnis von Wolfgang Beurer in der Sammlung Thyssen-Bornemisza (Anm. 3), auf dem eine ähnliche Behandlung der Bäume und Architektur festzustellen ist. Tatsächlich steht das Blatt in der Landschaft und den Figuren fränkischen Beispielen nahe, etwa einer noch vor 1500 entstandenen törichten Jungfrau in Bautzen (Anm. 4), die eine ähnliche Gewandbildung und Linienführung aufweist. Auch die Gegensätzlichkeit von Figuren und Landschaft, die durch die rein graphisch durchgebildeten Figuren noch gesteigert wird, ist charakteristisch für die Naturauffassung um 1500 in Franken.
Peter Prange
1 Brief vom 18.1.1915 (Bildakte, Archiv der Hamburger Kunsthalle).
2 Berlin, Staatliche Museen, Kupferstichkabinett, KdZ 1048.
3 Madrid, Sammlung Thyssen-Bornemisza, Inv.-Nr. 1934.15b, vgl. Lübbeke 1991, S. 150–155, Nr. 34, Abb.
4 Bautzen, Stadtmuseum, Inv.-Nr. L 237, vgl. Fritz Koreny: Törichte Jungfrau, in: Zwischen den Zeiten. 1000 Jahre Bautzen. Die Museen und Archive der Stadt Bautzen, Bd. 1, Ausst.-Kat. Bautzen 2002, S. 178, Abb.
Details zu diesem Werk
Beschriftung
Unten in der Mitte datiert: "1504" (Feder in Schwarz?)
Auf dem Verso Stempel der Hamburger Kunsthalle (L. 1328)Wasserzeichen / Kettenlinien
Ochsenkopf mit fünfblättriger Blume, Stange und Schlange
Provenienz
Laut Harzens Notiz in seinem Inventar Griffier Fagel, Amsterdam; George Hibbert (1757–1837), London (L. 2849); William Esdaile (1758–1837),London (L. 2617); erworben 1833 bei Esdaile von Georg Ernst Harzen (1790–1863), Hamburg (L. 1244), NH Ad: 01: 04: fol. 140: „Bartholomäus Zeitblom Ein junger Cavalier in {engem Beinkleide} weissem kurzem Wams und {weiß gekleidet} desgleichen engen Beinkleidern mit Schnabelschuhen und rothem Kopfbund steht einen Falken auf der Hand tragend im Vorgrunde einer Landschaft, ihm gegenüber eine Dame ebenfalls weiß gekleidet mit Nesselhaube und rothen {Halbschuhen} Schnabelschuhen steht ihm gegenüber mit einem {Eule} Käuzchen auf der Hand. {Im Hintergrunde} Hinten erscheint eine Kirche an einem Hügel der gegen einen See schroff abstürzt und blauen Gebirgsformen. Bez. 1504. Die Figuren {sind} sorgfältig mit der Feder ausschraffiert, die Landschaft hingegen in Deckfarben behandelt. 11.0.9.8 Samml Fagel. Hibbert und Esdaile 1833“; und Ad: 02: 01, S. 235 (als Israel van Meckenem); Legat Harzen 1863 an die „Städtische Gallerie“ Hamburg; 1868 der Stadt übereignet für die 1869 eröffnete Kunsthalle
Bibliographie
Peter Prange: Deutsche Zeichnungen 1450-1800. Katalog, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 1, Köln u.a. 2007, S.393-394, Nr.1178
Isolde Lübbeke: Early German Painting 1350-1550, The Thyssen-Bornemisza Collection, Stuttgart 1991, S.404
Fedja Anzelewsky: Eine Gruppe von Malern und Zeichnern aus Dürers Jugendjahren, in: Jahrbuch der Berliner Museen 27, 1985, S. 35-59, S.41-42, Abb.44
German Art from the fifteenth to the twentieth century. An exhibition of paintings, water colors and drawings held under the auspices of the Oberlaender Trust the Carl Schurz Memorial Foundation, Ausst.-Kat. The Pennsylvania Museum of Art, Philadelphia u. a. 1936, S.184, Nr.135, Abb.
Friedrich Winkler: Mittel-, niederrheinische und westfälische Handzeichnungen des XV. und XVI. Jahrhunderts, Die Meisterzeichnung, Bd. IV, Freiburg 1932, S.12, 28, Nr.34, Abb.34
Gustav Pauli: Kunsthalle zu Hamburg. Ausstellung von Aquarellen aus dem Besitz des Kupferstichkabinetts, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle 1921, S.9, Nr.1
Ausstellung von Zeichnungen Alter Meister aus den Sammlungen der Kunsthalle zu Hamburg, Ausst.-Kat. Kunstverein in Hamburg 1920, S.7, Nr.4