Anonym, 1. Hälfte 18. Jahrhundert (italienisch), Zeichner Pier Maria Bagnatori, gen. Il Bagnadore, Zeichner/in, ehemals zugeschrieben
Anonym, 1. Hälfte 18. Jahrhundert (italienisch), Zeichner Pier Maria Bagnatori, gen. Il Bagnadore, Zeichner/in, ehemals zugeschrieben
Die Zeichnung zeigt den Tod des Jesuitenheiligen Franz Xaver (1506–1552), der als bedeutendster Missionar des Ordens gilt. Er starb fern von Europa auf der dem chinesischen Festland vorgelagerten Insel Sancian in der Bucht von Kanton (heute: Guangzhou).
Die vorliegende Darstellung zeigt den friedlich eingeschlafenen Heiligen, der von herannahenden Bewohnern der Insel betrachtet wird.
Das Blatt wurde bislang aufgrund einer alten Beschriftung Pier Maria Bagnatori, genannt il Bagnadore, (um 1548–nach 1627) zugeschrieben. Der Zeichenstil lässt sich jedoch nicht zwingend mit den wenigen bekannten Blättern des Künstlers verbinden, und es kann auch kein direkter Bezug des Motivs zu einem seiner Gemälde hergestellt werden. Andrea Czére hält eine Entstehung im 18. Jahrhundert für denkbar.(Anm.1) Ihrer Ansicht nach könnte es sich aufgrund der kompakten, sehr detaillierten Zeichenweise um eine Kopie nach einem Gemälde oder einem Kupferstich handeln. Wenn auch bislang kein konkretes Vorbild nachweisbar ist, so ist in jedem Fall der Einfluss von Marattas berühmter Darstellung in Il Gesù in Rom (1674–79) erkennbar. Dies gilt vor allem für die theatralische Inszenierung des sterbenden Heiligen. Allerdings hat der anonyme Zeichner die dramatische hochformatige Komposition Marattas durch eine kontemplative horizontale Anordnung ersetzt. Neu hinzugefügt sind die beiden „exotisch“ wirkenden Bewohner, deren Einfügung ein zunehmendes Interesse für fremde Völker demonstriert und damit auf eine Entstehung im 18. Jahrhundert hindeutet.
David Klemm
1 Anlässlich des Symposiums „Italienische Altmeisterzeichnungen 1450 bis 1800“ am 27. und 28.10.2005 im Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle.
Details zu diesem Werk
Beschriftung
Wasserzeichen / Kettenlinien
WZ: Doppelkonturiger Kreis, darüber „A“, darunter „N“, darin evtl. Tier; nicht identifiziert.
Provenienz
Wahrscheinlich zwischen 1869 und 1886 durch Schenkung oder Erwerbung aus unbekannter Quelle in den Besitz der Kunsthalle gelangt
Bibliographie
David Klemm: Italienische Zeichnungen 1450-1800. Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 2, Köln u. a. 2009, S.447, Nr.724