Amico Aspertini (Umkreis)
Grablegung Christi,
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Amico Aspertini (Umkreis)

Grablegung Christi,

Amico Aspertini (Umkreis)

Grablegung Christi

Die eindrückliche Grablegung Christi wurde von einem anonymen Vorbesitzer mit Cristoforo Solario in Verbindung gebracht. Georg Ernst Harzen bezweifelte dies zurecht, ist doch der Zeichenstil des lombardischen Meisters mit der Tendenz zum sfumatohaften Einsatz weicher Kreiden völlig unterschiedlich.(Anm.1) Harzen ordnete das Blatt allgemein in die Zeit des Perugino, also in die Jahrzehnte um 1500 ein. Seit den 1920er Jahren wurde die Zeichnung wiederholt mit dem ferraresisch-bolognesischen Kunstkreis in Verbindung gebracht. Berenson dachte bei einem Besuch des Kabinetts in den 1920er Jahren an einen ferraresischen Künstler bzw. an Amico Aspertini.(Anm.2) Janos Scholz sah ebenfalls Ferrareser Einflüsse und stellte sogar einen allerdings nicht überzeugenden direkten Bezug zu dem in der Kunsthalle bewahrten Blatt mit der Darstellung verschiedener, überwiegend norditalienischer Kunstwerke her.(Anm.3) Letztlich hat Philip Pouncey – per Kartonnotiz, allerdings entschiedener als Berenson – für die Autorschaft Aspertinis plädiert. Allerdings lässt sich das Blatt nur schwer mit dessen zahlreichen gesicherten Zeichnungen in Verbindung bringen. Tendenziell ist Aspertinis Zeichenstil im Vergleich mit den auf dem Hamburger Blatt erkennbaren unruhigen Schraffen und zum Teil sehr zarten Umrisslinien akzentuierender und in der Art der Schraffenbildung kraftvoller und entschiedener. Marzia Faietti hält daher die Autorschaft Aspertinis für unwahrscheinlich.(Anm.4) Gleichwohl dürfte das Blatt ihrer Ansicht nach in dessen Umkreis entstanden sein.
Abgesehen von der momentan nicht lösbaren Zuschreibungsfrage weist das Blatt einige zeichnerische Eigentümlichkeiten auf. So wurden einzig die Füße Christi mit dem Pinsel ausgeführt, wohingegen sonst die Feder verwendet wurde. Die beiden lediglich mit sehr zarten Umrisslinien angedeuteten Figuren im Vordergrund legen nahe, dass die Studie unvollendet ist.

David Klemm

1 Vgl. David Alan Brown: Andrea Solario, Mailand 1987.
2 Mündliche Mitteilung; gemäß einer Notiz im Archiv des Kupferstichkabinetts.
3 Notiz im Archiv des Kupferstichkabinetts. Vgl. Inv.-Nr. 21205.
4 Mündliche Mitteilung auf der Grundlage einer Digitalphotographie, 26. 3. 2008.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Auf dem Verso am rechten Rand bezeichnet: "Cristoforo Solario" (Bleistift); unten links bezeichnet: "5 5 [Quadratzeichen]; unten rechts Stempel der Hamburger Kunsthalle (L. 1328)

Wasserzeichen / Kettenlinien

WZ: Doppelkonturiger Anker im Kreis (leicht angeschnitten); ähnlich Briquet 460 (Venedig 1475, Regensburg 1579-88 u.a.).

Provenienz

Georg Ernst Harzen (1790-1863), Hamburg (L. 1244); NH Ad : 02 : 01, S. 224 (als anonym): "Die Grablegung. 4° Feder. Alt flor. Papier m. Anker."; NH Ad : 01 : 03, fol. 124 (als altflorentinisch): "Eine Pieta. Der Leichnam des Heilands wird in der Grabeshöle von den heiligen Weibern emporgerichtet, deren eine seine Hand führt. Mit Schraffirungen beendigte Federzeichnung in Geiste und aus der Zeit des P. Perugino. 5.5. Quadr."; Legat Harzen 1863 an die "Städtische Gallerie" Hamburg; 1868 der Stadt übereignet für die 1869 eröffnete Kunsthalle

Bibliographie

David Klemm: Italienische Zeichnungen 1450-1800. Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 2, Köln u. a. 2009, S.75, Nr.17

[Wolf Stubbe]: Italienische Zeichnungen 1500-1800. Ausstellung aus den Beständen des Kupferstichkabinetts, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle 1957, S.8, Nr.6

V. T. [nicht aufgelöst]: Amburgo: Mostra di disegni italiani dal XV al XVIII secolo, in: Emporium. Rivista mensile illustrata d'arte e di cultura 76, 1957, Nr. 126, S. 228-229, S.228