Albrecht Dürer
Grundriß, Aufriß und perspektivische Studie eines Torbogens, um 1504
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Albrecht Dürer

Grundriß, Aufriß und perspektivische Studie eines Torbogens, um 1504

Albrecht Dürer

Grundriß, Aufriß und perspektivische Studie eines Torbogens, um 1504

Die Zeichnung wurde 1908 erstmals von Campbell Dodgson in der Dürer-Society publiziert.(Anm. 1) Sie gilt als eine der frühesten bekannten Perspektivzeichnungen, in denen sich Dürer mit der Erfassung zentralperspektivischer Raumkonstruktionen auseinandersetzte. Das Blatt zeigt rechts einen Torbogen mit angrenzender Ruine und links die Bogenkonstruktion im Auf- und Grundriss. Ähnliche Architekturmotive finden sich in Dürers „Anbetung der Könige“ von 1504 (Anm. 2), der „Geburt Christi“ des Paumgartner Altars (Anm. 3) sowie in Holzschnitten des „Marienlebens“ (besonders Bartsch 83, 85, 87) und schließlich in Dürers Kupferstich der „Geburt Christi“ (Bartsch 2) von 1504. Dabei ging es Dürer allein um die exakte Umsetzung der Bogenarchitektur, die rechts mit groben Strichen angedeute Hütte dient nur als Staffage. Strieder vermutet, dass der Augenpunkt im Grund- und Seitenriss durch späteres Beschneiden des Blattes verlorenging, berechnet aber die zugrunde gelegte Distanz der Betrachtungsweite auf 23 cm. Die fächerförmige Verlängerung der Punkte mit den Ziffern neben dem Monogramm diente zur Übersichtlichkeit der Berechnung. Dass es sich bei der Zeichnung um eine reine Konstruktionszeichnung handelt, dokumentiert die Tiefe des Bogens, die sich in den entsprechenden Gemälden und Stichen nicht wiederfindet.
Auf Grund des sogenannten „geschleuderten“ Monogramms wurden die Zu-schreibung wie auch die Datierung des Blattes wiederholt diskutiert: Weixlgärtner kritisierte die zu „harte“ Zeichenweise“ und bezweifelte die Autorschaft Dürers.(Anm. 4) Tietze und Flechsig bestreiten die Eigenhändigkeit des Monogramms und datierten die Zeichnung um 1501/02, Conway um 1504.(Anm. 5) Für Pauli steht die Echtheit des Monogramms außer Zweifel, er terminierte die Entstehungszeit aber auf spätestens 1497.(Anm. 6)
Oehler glaubte auf Grund der Schreibweise der Ziffern im Grundriss Hans von Kulmbach (1476/um1480–1522) als Zeichner des Blattes identifizieren zu können.(Anm. 7) Zuletzt hat Mende die Perspektivstudie mit Nachdruck Dürer zugeschrieben, das Monogramm hält auch er für später hinzugefügt.(Anm. 8) Auf Grund der Nähe zur Architekturdarstellung in der „Anbetung der Könige“ in Florenz und im Kupferstich der „Geburt Christi“ datiert er die Zeichnung überzeugend um 1504.

Petra Roettig

1 Dodgson 1908, S. 10, Nr. XI.
2 Florenz, Uffizien, Inv.-Nr. 1434, vgl. Anzelewsky 1991, S. 188–189, Nr. 82, Abb. 97–98.
3 München, Alte Pinakothek, um 1500, Inv.-Nr. 706, vgl. Anzelewsky 1991, S. 156–157, Nr. 50, Abb. 59, 62 und 63; Albrecht Dürer. Die Gemälde der Alten Pinakothek, Ausst.-Kat., München 1998, S. 166–175, Abb.
4 Weixlgärtner 1910, S. 64.
5 Flechsig 1931, S. 476; Tiet­ze 1928, S. 61, Nr. 202 und S. 341; Conway 1910, o. S., Nr. 262.
6 Pauli 1919, 1921/22 und 1927.
7 Oehler 1959, S. 158.
8 Ausst.-Kat. Nürnberg 2000, S. 352, Nr. 85.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Mongrammiert: "AD" (ligiert, sogenanntes "geschleudertes" Dürer-Monogramm, in gleicher Tinte wie die Zeichnung).

Auf dem Verso bezeichnet: "Coll. Th. Lawrence" (Bleistift); Stempel der Hamburger Kunsthalle (L. 1328)

Wasserzeichen / Kettenlinien

Angeschnitten, Hohe Krone mit zweikonturigem Bügel und Perlen, darüber ein zweikonturiges Kreuz, ähnlich Briquet 4895 (Leipzig 1498)
ca. 36 mm

Provenienz

Laut Harzen Baron Fürst?; Thomas Lawrence (1769-1830), London (L. 2445); Georg Ernst Harzen (1790-1863), Hamburg (L. 1244), NH Ad: 01: 04, fol. 137: "Albrecht Dürer {Ein verfallener Bogen von} Ruinen eines Gebäudes mit mehreren Rundbögen an {v.} welche {s}ein Strohhaus angelehnt ist. Nebst dem bezifferten Auf und Grundriß dieser Baulichkeiten Bez m. Monogr. Federzeichnung. 6.10.5.10 Saml. C und T. Lawrence. ? [...] 1504"; und Ad: 02: 01, S. 232; Legat Harzen 1863 an die „Städtische Gallerie“ Hamburg; 1868 der Stadt übereignet für die 1869 eröffnete Kunsthalle

Bibliographie

Peter Prange: Deutsche Zeichnungen 1450-1800. Katalog, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 1, Köln u.a. 2007, S.148-149, Nr.291

Albrecht Dürer - ein Künstler in seiner Stadt, hrsg. von Matthias Mende, Ausst.-Kat. Stadtmuseum Fembohaus, Nürnberg 2000, S.352, Nr.85, Abb.

Fedja Anzelewsky: Albrecht Dürer. Das malerische Werk, Berlin 21991, S.159

Friedrich Piel: Albrecht Dürer. Aquarelle und Zeichnungen, Köln 1983, S.32-33, Abb.33

Joseph Harnest: Dürer und die Perspektive, in: Dürer, hrsg. von Peter Strieder, Königstein (Taunus) 1981, S. 347-360, S.354-355, Abb.S. 356

Walter L. Strauss: The complete Drawings of Albrecht Dürer. Architectural Studies, Bd. 6, New York 1974, S.3006, Nr.XW.259, Abb.3007

Fedja Anzelewsky: Albrecht Dürer. Das malerische Werk, Berlin 1971, S.158

Lisa Oehler: Das 'geschleuderte' Dürer-Monogramm, in: Marburger Jahrbuch für Kunstwissenschaft 17, 1959, S. 57-192, S.65, 80, 157-158, Abb.Taf. 17, Abb.30

Friedrich Winkler: Albrecht Dürer: Leben und Werk, Berlin 1957, S.149

Erwin Panofsky: Albrecht Dürer, Bd. 2, Princeton 31948, S.159, Nr.1699

Friedrich Winkler: Die Zeichnungen Albrecht Dürers 1484-1502, Bd. 1, Berlin 1936, S.179, Nr.259, Abb.Taf. 259

Albrecht Dürer. Sonderausstellung der Freunde der Kunsthalle e. V. Hamburg, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle 1936, Nr.18

Eduard Flechsig: Albrecht Dürer. Sein Leben und seine künstlerische Entwicklung, Bd. 2, Berlin 1931, S.476

Zeichnungen von Albrecht Dürer in Nachbildungen, hrsg. von Friedrich Winkler, Bd. 7, Berlin 1929, S.29, Nr.903

Hans Tietze, Erika Tietze-Conrat: Der junge Dürer. Verzeichnis der Werke bis zur venezianischen Reise im Jahre 1505, Bd. 1, Augsburg 1928, S.61, 341, Nr.202, Abb.191

Albrecht Dürer, Ausst.-Kat. Germanisches Museum, Nürnberg 1928, S.107, Nr.202

Albrecht Dürer, Ausst.-Kat. Germanisches Museum, Nürnberg 1928 (Dritte Auflage), S.107, Nr.202

Gustav Pauli: Dürers Monogramm, in: Festschrift für Max J. Friedländer zum 60. Geburtstage, Leipzig 1927, S. 34-40, S.38-39

Gustav Pauli: Dürer, Italien und die Antike, in: Vorträge der Bibliothek Warburg 1921-1922, hrsg. von Fritz Saxl, Leipzig 1923, S. 51-56, S.62 u. 65

Martin Weinberger: Nürnberger Malerei an der Wende zur Renaissance und die Anfänge der Dürer-Schule, Strassburg 1921, S.246

Ausstellung von Zeichnungen Alter Meister aus den Sammlungen der Kunsthalle zu Hamburg, Ausst.-Kat. Kunstverein in Hamburg 1920, S.12, Nr.44

Gustav Pauli: Die Dürer-Literatur der letzten drei Jahre, in: Repertorium für Kunstwissenschaft 41, 1919, S. 1-34, S.3

Gustav Pauli: Die Kunst Albrecht Dürers. Seine Werke in Originalen und Reproduktionen geordnet nach der Zeitfolge ihrer Entstehung, Ausst.-Kat. Kunsthalle Bremen 1911, S.17, Nr.400

William Martin Conway: The Art of Albrecht Dürer, Ausst.-Kat. Walker Art Gallery Liverpool 1910, Nr.262

Arpad Weixlgärtner: Neuere Dürer-Literatur. Besprechungen zu: The Dürer-Society; Albrecht Dürer, Unterweisung der Messung, hrsg. v. Alfred Peltzer; Ernst Heidrich: Dürer und die Reformation; Albrecht Dürer in seinen Briefen, hrsg. v. Markus Zucker, in: Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst 33, 1910, S. 62-66, S.64

The Dürer Society, hrsg. von Campbell Dodgson, S. Montagu Peartree, Bd. 10, London 1908, S.10, Nr.XI, Abb.Taf. 11