Adolph Menzel
Ansicht von Karlsbad mit der Dreifaltigkeitssäule (ehemals "Der Graben in Wien"), 1894
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Adolph Menzel

Ansicht von Karlsbad mit der Dreifaltigkeitssäule (ehemals "Der Graben in Wien"), 1894

Adolph Menzel

Ansicht von Karlsbad mit der Dreifaltigkeitssäule (ehemals "Der Graben in Wien"), 1894

Menzel hat den Graben vor der dunklen Silhouette der barocken Dreifaltigkeitssäule nicht als prachtvollen, repräsentativen Boulevard einer Weltstadt abgebildet, sondern das zufällige Kommen und Gehen der Bewohner. Im Gewirr der Menschenmenge stehend, hat er den Augenpunkt so niedrig gewählt wie sonst nie auf vergleichbaren Stadt- und Platzansichten, was die Erscheinung des barocken Monuments zusätzlich steigert. Die Weitläufigkeit des barocken Platzes darzustellen, hat Menzel vermieden, er verdichtet den Graben auf das Gegenüber von Pestsäule und Geschäftshäusern mit dem vorspringenden Neubau der "Equitable"-Versicherung.
Doch erst die Menschen geben der Zeichnung jene unverkennbare Frische und Unmittelbarkeit, die dem Beobachter Menzel eigen ist. "Der Graben etc. ist noch das Schwimmbassin aller Welt. Erhitzt einem dort eine Tasse Eis die Phantasie, so könnte er momentweise eine Art Boulevard spielen. Was den farbegebenden Einfluß der schönen Menschheitshälfte betrifft, so lassen schon die Linzerinnen den Touristen fühlen, daß er in den Wendekreis der Madle vorgedrungen, wogegen zu Salzburg noch die ältliche Kirchenlaus überwiegt...", hatte Menzel 1871 bei einem früheren Aufenthalt aus Wien an Hermann Krigar geschrieben (zit. nach H. Wolff (Hrsg.): Adolph von Menzels Briefe, Berlin 1914, S. 216). Wie ein Tourist, der er ja war, nimmt Menzel das alltägliche Geschehen auf dem Graben auf - im Vordergrund ein Paar im Gespräch mit Militärs, daneben ein Handwerker mit Weinflasche, der seines Wegs geht, dann wieder feine Damen. Eine anekdotische, fast ironische Note erhält die Darstellung in dem Jungen, der auf dem Geländer der Dreifaltigkeitssäule versucht, freihändig zu balancieren.
Der Flüchtigkeit des Augenblicks entspricht die Wahl der zeichnerischen Mittel. Die weiche Schwärze des Bleistifts, die alle farbigen Abstufungen umfasst, wird durch den Wischer zum Momentanen gesteigert.
Peter Prange

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Unten rechts signiert und datiert: "Ad: Menzel / 94" (Bleistift)

Provenienz

Slg. Eduard Ludwig Behrens (sen.) (1824-1895), Hamburg, - 1893; Slg. Theodor Ernst (1857-1921) und Esther Behrens (1862-1936), 1895-1936; Vermächtnis von Esther Behrens, Hamburg, 1937

Bibliographie

Peter Prange, Petra Roettig, Andreas Stolzenburg u. a.: Von Runge bis Menzel. 100 Meisterzeichnungen aus dem Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle 2003, S.196, Nr.93, Abb.S. 197

Peter Prange, Petra Roettig, Andreas Stolzenburg u.a.: Ideas on Paper. 100 Masterdrawings from the collections of the Hamburger Kunsthalle (in griech. Sprache), hrsg. von Marilena Cassimatis, Andreas Stolzenburg, Ausst.-Kat. Athen, Nationalgalerie 2003, S.78, Nr.27, Abb.

Adolph Menzel 1815-1905. Das Labyrinth der Wirklichkeit, Ausst.-Kat. Musée d'Orsay, Paris; National Gallery of Art, Washington; Nationalgalerie im Alten Museum, Berlin, Köln 1996, S.350-352, Nr.206, Abb.351

Von Dürer bis Baselitz. Deutsche Zeichnungen aus dem Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle 1989, S.140-141, Abb., Nr.64

Menzel. Der Beobachter, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle, München 1982, S.292, Nr.204, Abb.S. 292

Adolph von Menzel. Das graphische Werk, ausgewählt von Heidi Ebertshäuser. Vorwort von Jens Christian Jensen. Essay von Max Liebermann, Bd. 2, München 1976., Abb.1340

Irmgard Wirth: Mit Menzel in Bayern und Österreich, München 1974, S.139, Abb.128

Adolph Menzel 1815-1905. Pastelle, Aquarelle und Zeichnungen, Ausst.-Kat. Berlin-Museum im Tiergarten, Berlin 1965., S.29, Nr.97, Abb.97

Drawings and watercolours by Adolph Menzel 1815-1905, Ausst.-Kat. The Arts Council Gallery, London; City Art Gallery, Bristol; Frens Art Gallery, Kingston upon Hill; Museum and Art Hall, Leicester, London 1965, Nr.102, Abb.102

Adolph Menzel Handzeichnungen, Ausst.-Kat. Kunsthalle Bremen 1963., S.72, Nr.189

Adolph von Menzel aus Anlaß seines 50. Todestages, Ausst.-Kat. Nationalgalerie im Museum, Berlin-Dahlem, Berlin 1955, S.76, Nr.264, Abb.57

Ausstellung von Werken Adolph von Menzels, Ausst.-Kat. Königliche Nationalgalerie, Berlin 1905, S.350, Nr.5257

Menzel-Ausstellung, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle in Zusammenarbeit mit dem Kunstverein, Hamburg, Hamburg 1896, S.73, Nr.238