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MEIN BLICK

Uns interessiert Ihr Blick auf die Kunst! Was sehen Sie, wenn Sie die verschiedenen Kunstwerke betrachten, die im Museum hängen? Welche Gedanken oder Erinnerungen lösen sie bei Ihnen aus? Gibt es Verbindungen zwischen den Kunstwerken und Ihrem Alltag? Wir suchen den Austausch mit Ihnen. Ihre Perspektiven sollen in die Museumsarbeit einfließen und für andere Besucher_innen sichtbar gemacht werden.

Mit MEIN BLICK entwickelte die Hamburger Kunsthalle gemeinsam mit der Körber-Stiftung Ideen für ein Kunstmuseum der Zukunft.  Das Projekt greift dabei die Idee von OPEN ACCESS aus dem Jahr 2017 auf und führt sie weiter.

Wir nehmen das Ziel der kulturellen Teilhabe ernst und geben interessierten Bürger_innen die Möglichkeit, sich aktiv einzubringen. Bei MEIN BLICK sind die Teilnehmenden vor allem kunstbegeisterte Hamburger_innen, die meisten von ihnen gehören zu unserem Stammpublikum. Was spricht sie persönlich bei Kunstwerken und Objekten an? Was wollen sie über die Werke wissen und wie möchten sie diese Informationen erhalten? Ist das Museum für sie ein Ort aktueller Diskussionen, in die sie sich einbringen können?

Drei Kurator_innen der Hamburger Kunsthalle haben jeweils ein Werk aus der Sammlung der Hamburger Kunsthalle gewählt. Die Teilnehmenden arbeiteten in drei Gruppen in Workshops zu jeweils einem dieser Kunstwerke. Dabei tauschten sie ihre individuellen Gedanken, Fragen und Deutungen aus und diskutierten diese mit der_dem Kurator_in der Kunsthalle.

Unter der Fragestellung ›Was ist für mich an diesem Kunstwerk bedeutend?‹ wählten die Mitglieder jeder Gruppe schließlich Werke aus dem Depot des Museums aus und entschieden gemeinsam, welche von ihnen in der Sammlung ausgestellt werden. Die Teilnehmenden haben dafür ihre Gedanken und Entscheidungsprozesse für andere Museumsbesucher_innen in Form von Infokarten, einem Leporello und Audiostationen nachvollziehbar gemacht. Die so entstandenen Präsentationen geben Raum für die unterschiedlichen Sichtweisen der Teilnehmer_innen und der Kurator_innen. Auf diese Weise entsteht eine Vielstimmigkeit, die zu weiteren Diskussionen anregen soll.

Die Gruppenarbeiten fanden von Ende August bis November 2018 in der Hamburger Kunsthalle statt. Die Gruppenergebnisse werden am 24. Januar 2019 der Öffentlichkeit vorgestellt und sind dann bis zum 19. Mai 2019 in den Sammlungsräumen zu sehen.

MEIN BLICK ist ein Kooperationsprojekt der Hamburger Kunsthalle und der Körber-Stiftung.

Gerard van Honthorst: Solon vor Krösus, 1624

Zu Gerard van Honthorsts »Solon vor Krösus« arbeiten Teilnehmer_innen aus dem Kreis der Freunde der Kunsthalle e.V.
Das Gemälde gehört zum Sammlungsbereich Alte Meister, Sammlungsleitung: Dr. Sandra Pisot.

»Wie toll malte der Künstler die Personen und ihre Kommunikation untereinander durch Gesten und Blicke und insbesondere die verschiedenen Materialien. Ein prunkvoll gekleideter König zeigt fragend auf sich, während der alte Mann auf die Zuschauer_innen zeigt.«
Gisela von Osten

»Hier treffen die ärgerlichen Gesichtszüge eines König und der furchtlose, strenge Blick eines einfachen, barfüßigen Mannes aufeinander: Ein Streitgespräch um die Schatulle?«
Inge Gollnow-Wöhler

»Die Blickbeziehung zwischen den beiden Hauptpersonen fällt mir besonders auf. Den Gesichtsausdruck des mächtigen Mannes und die Geste seiner Hand lese ich als eine Mischung aus Zweifel, Verblüffung und Unentschlossenheit. Es wird um eine Lösung durch das Wort – im Gegensatz zu gewalttätigen Auseinandersetzungen – gerungen. Dies ist in der heutigen Zeit ein aktuelles Thema.«
Manfred Leberle

BeschreibungAudio
Mein Blick auf Gerard van Honthorsts »Solon vor Krösus«

Lawrence Alma-Tadema: Das Fest der Weinlese, 1871

Zu Lawrence Alma-Tademas »Das Fest der Weinlese« arbeiten Teilnehmer_innen aus dem Kreis der Handwerkskammer.
Das Gemälde gehört zum Sammlungsbereich 19. Jahrhundert, Sammlungsleitung: Dr. Markus Bertsch.

BeschreibungAudio
Mein Blick auf Lawrence Alma-Tademas »Das Fest der Weinlese«

Max Beckmann: Odysseus und Kalypso, 1943

Zu Max Beckmanns »Odysseus und Kalypso« arbeiten Teilnehmer_innen aus dem Kreis der Interessensgemeinschaft Steindamm.
Das Gemälde gehört zum Sammlungsbereich Klassische Moderne; Sammlungsleitung: Dr. Karin Schick.

»Für mich steht der Vogel für Freiheit und den männlichen Part, die Schlange für Fessel und Verführung, die Katze für das weibliche Element. Die Frau (Kalypso) scheint den mann (Odysseus) zu fesseln, möchte ihn halten. Er ist aber gedanklich schon in der Ferne und will weg. Er liegt da wie ein Pascha, sie ist ihm zugewandt - für mich stereotyp gezeichnete Rollen.«
Anke Iris Kirch

»Mein erster Blick auf das Gemälde galt den Augen von Kalypso. Mein Blick folgte ihrem: über die leicht blaue Nase auf ihre, ebenso bläulichen, Hände.«
Béla Braack

»Mein erster Eindruck war: Wie kann sie nur? ...so berechnend ... so kühl, alles aufgebend für ihn, den Krieger... Das weiße Fleisch, dazu die Asexualität seinerseits... adieu Emanzipation.«
Wolfgang Schüler

BeschreibungAudio
Béla Braack, »Die Schönheit der Lüge«

»Die Schönheit der Lüge«
Text und Komposition vom Teilnehmer Béla Braack

In einer blauen Begebenheit 
Schauen Zwei
Keiner schaut zu Zweit
Sie Schauen aneinander vorbei

Beckmanns Gemälde zeigt für mich die Spannung zwischen Odysseus und Kalypso in einer blauen Situation. Die Komposition erzählt meine persönliche Beziehung zu dem Werk:
Das Tonmaterial setzt sich aus zwei Tonleitern zusammen. Ich höre in diesen Klängen den Blauton— ein für mich zentrales Element dieses Bildes. In meinen Melodien verarbeite ich Odysseus und Kalypsos Verhältnis zueinander. Thematisiert werden unter anderem Spiel, Streit, Erotik, Zärtlichkeit bis hin zu Gleichgültigkeit. Diesen Schwebezustand zwischen den Emotionen drücke ich aus. Mit Dissonanzen vertone ich das ungewisse Spannungsverhältnis der Protagonisten.

Flöte:                     Mara Hebel
Klavier:                  Béla Braack
Komposition:      Mara Hebel, Béla Braack
Ton:                         Akif Colak

Gebäudeplan MEIN BLICK