Vorträge

Vortrag von Dr. Johannes Grössl: Entfesselte Natur und Gottes Handeln

Eine Veranstaltung der Freunde der Kunsthalle in Kooperation mit der Katholischen Akademie Hamburg.

Die Teilnahme ist im Eintritt enthalten, eine Anmeldung ist nicht erforderlich.
Ort: Veranstaltungsraum der Galerie der Gegenwart
Moderation: Florian Britsch, M. A.

»Durch ein außerordentliches Weltereigniß wurde jedoch die Gemüthsruhe des Knaben zum ersten Mal im Tiefsten erschüttert. Am ersten November 1755 ereignete sich das Erdbeben von Lissabon und verbreitete über die in Frieden und Ruhe schon eingewohnte Welt einen ungeheuren Schrecken. (…) Ja vielleicht hat der Dämon des Schreckens zu keiner Zeit so schnell und so mächtig seine Schauer über die Erde verbreitet.«
Goethes Bemerkung aus seiner Autobiographie »Dichtung und Wahrheit« von 1811, die in gewohnter Manier die eigene Lebensgeschichte mit dem Weltgeschehen verknüpft, resümiert ein halbes Jahrhundert intellektueller Debatten, in denen das Ereignis vom Allerheiligentag des Jahres 1755 zum epochalen Einschnitt erhoben worden war. Das Erdbeben von Lissabon zerstörte aus dieser Sicht nicht nur eine blühende Stadt, sondern stellte wie keine andere Katastrophe zuvor den Glauben an eine gute Schöpfung und einen guten Gott in Frage.
Die Theodizee – also die Rechtfertigung Gottes angesichts des Leids in der Welt –, die schon im Alten Testament virulent war, wurde in philosophischen wie theologischen Schriften neu bedacht. Leibniz hatte 1710 mit diesem Begriff seine »Abhandlungen zur Rechtfertigung (Théodicée) Gottes, über die Güte Gottes, die Freiheit des Menschen und den Ursprung des Übels« überschrieben. Ging er von der »besten aller möglichen Welten« aus, so erschien diese Ansicht nach der Katastrophe mehr denn je fragwürdig. Voltaire war der erste, der das Erdbeben in seinem berühmten, bereits im November 1755 erschienenen Lehrgedicht »Poème sur le désastre de Lisbonne« für seine Kritik an einer naiv-optimistischen Aufklärung nutzte.
Der Theologe Johannes Grössl wird in seinem Vortrag aus heutiger Sicht über Gottes Handeln in einer Welt der Katastrophen nachdenken.

Dr. Johannes Grössl:
Studium der klassischen Philologie, Philosophie und Katholischen Theologie u. a. in München und Innsbruck, Promotion zum Dr. theol. mit einer Arbeit über die Vereinbarkeit von göttlicher Allwissenheit und menschlicher Freiheit. Lehrtätigkeit in München, Innsbruck sowie in den USA; 2014 - SS 2018 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Seminar für Katholische Theologie der Universität Siegen, ab WS 2018/2019 Akademischer Rat a.Z. am Lehrstuhl für Fundamentaltheologie und vergleichende Religionswissenschaften, Universität Würzburg

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