Thomas Gainsborough (1727-1788)

Die zwischen 1780 und 1785 entstandene Zeichnung von Thomas Gainsborough (1727-1788) zeigt eine hüglige »Landschaft mit Pferd und Figuren«. In der Ferne ist das Meer zu erkennen, über dem Horizont erstreckt sich ein weiter Himmel. Die auf den ersten Blick als Idylle erscheinende Landschaft mit Tier und Menschen trügt: Von rechts ziehen dunkle Wolken auf, ein Wetterumschwung scheint unmittelbar bevorzustehen. Der offenbar durch einen bereits zurückliegenden Sturm stark beschädigte alte Baum, der sich in der rechten Bildhälfte hinter einer Hütte erhebt, lässt erahnen, welche Auswirkungen die Kraft von Wind und Regen haben kann. Doch während das Pferd Unterschlupf sucht, verweilt der scheinbar in sich gekehrte Bauer mit seinem liegenden Hund vor dem kleinen, strohbedeckten Gebäude. Von links nähert sich eine Frau mit zwei Eimern, die auf ihren Schultern lasten. Auch sie scheint den Schutz der Hütte zu suchen, die als typisches Motiv immer wieder in den Landschaften Gainsboroughs auftaucht.

Neben einem dynamischen Bildaufbau verleiht Gainsborough der Darstellung eine besondere, dramatische Atmosphäre mit Hilfe der eingesetzten Zeichentechnik, die im Laufe seiner Karriere immer vielschichtiger und malerischer geworden war. Mehrfach äußerte er sich in seinen Briefen über die komplexen Techniken, die er zum Einsatz brachte und als einen Teil seiner künstlerischen Geheimnisse betrachtete. In »Landschaft mit Pferd und Figuren« verwendete Gainsborough schwarze und weiße Kreide sowie Pinsel in Schwarz. Die gezielt eingesetzten Höhungen in weißer Kreide erhöhen die Kontraste und machen den aufziehenden Sturm für den Betrachter deutlich sichtbar. Die teilweise rahmenden, schwarzen Pinselstriche verstärken den Eindruck der Landschaft als Stimmungsträger.

Zeichnungen dienten Gainsborough auch als Ideengeber für Gemälde, häufig verstand er sie jedoch – wie im Falle von »Landschaft mit Pferd und Figuren« – als autonome Kunstwerke, die er um ihrer selbst willen schuf. Es ist bekannt, dass er seine Arbeiten auf Papier selten verkaufte. Gainsborough verschenkte sie entweder an Freunde oder Mäzene oder behielt sie für sich selbst.

Die Hamburger Kunsthalle verfügt über eine der bedeutendsten und umfangreichsten Sammlungen von Kunstwerken aus dem Bereich der Landschaftsmalerei um 1800 in Deutschland. Mit Thomas Gainsborough fehlte bisher einer der herausragenden Landschaftsmaler Europas dieser Zeit. Dank dem Ankauf von »Landschaft mit Pferd und Figuren« durch die Stiftung Hamburger Kunstsammlungen (SHK) im Frühjahr 2018 konnte diese bisherige Lücke geschlossen werden.

Thomas Gainsborough (1727-1788) wuchs in Suffolk im Südosten Englands auf und wurde von der dortigen Landschaft beeinflusst. Er gilt neben William Hogarth (1697–1764) und Joshua Reynolds (1723–1792) als bedeutendster englischer Maler des 18. Jahrhunderts.