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Im Licht des Nordens

DĂ€nische Malerei der Sammlung Ordrupgaard

Das Ordrupgaard Museum ist mit seinen Meisterwerken der dĂ€nischen Malerei des 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts zu Gast in der Hamburger Kunsthalle. Die ausgestellten Arbeiten bieten einen reprĂ€sentativen Überblick ĂŒber die Entwicklungstendenzen innerhalb der dĂ€nischen Malerei wĂ€hrend eines ganzen Jahrhunderts und verdeutlichen zugleich deren besondere Errungenschaften. Der Bogen spannt sich von den Wegbereitern des sogenannten »Goldenen Zeitalters« der dĂ€nischen Kunst (Christoffer Wilhelm Eckersberg, Christen KĂžbke, Wilhelm Marstrand) ĂŒber die Vertreter der nationalromantischen Richtung (Johan Thomas Lundbye, Peter Christian Skovgaard, Vilhelm Kyhn), die vornehmlich die Schönheiten des eigenen Landes ausloteten, bis zu den FĂŒnen-Malern (Peter Hansen, Johannes Larsen, Fritz Syberg), die auf der gleichnamigen dĂ€nischen Insel die Freilichtmalerei praktizierten. Die besondere Facette des dĂ€nischen Impressionismus veranschaulichen schließlich die GemĂ€lde von Theodor Philipsen, der eng mit Paul Gauguin befreundet war. 

Einen besonderen Höhepunkt der Ausstellung bilden die umfangreichen Werkgruppen von Lauritz Andersen Ring und Vilhelm HammershĂži, den SchlĂŒsselfiguren des Symbolismus in DĂ€nemark. Dabei werden neun der faszinierenden Interieur-Bilder HammershĂžis in einem abschließenden Raum zusammengefĂŒhrt.

Der Ausstellung Im Licht des Nordens kommt auch im Hinblick auf das bevorstehende Deutsch-DĂ€nische Kulturelle Freundschaftsjahr, das 2020 begangen wird, große Bedeutung zu. Geplant ist, die PrĂ€senz der Werke aus dem Ordrupgaard Museum zu nutzen, um ĂŒber ein facettenreiches Begleitprogramm dĂ€nische Kunst, Literatur und Musik in epochenĂŒbergreifenden Formaten erlebbar zu machen.

FĂŒr das wenige Kilometer nördlich von Kopenhagen gelegene Ordrupgaard Museum hat der Versicherungsdirektor Wilhelm Hansen gemeinsam mit seiner Frau Henny von den 1890er-Jahren an die einzigartige Sammlung aufgebaut, die 1953 als staatliches Museum fĂŒr die Öffentlichkeit zugĂ€nglich gemacht wurde. Bedingt durch Umbau- und Erweiterungsarbeiten des Museums besteht nun die einmalige Chance, Hauptwerke dieser Sammlung in Hamburg zu zeigen.

Gefördert von: Freunde der Kunsthalle e. V.

Die Ausstellung steht unter der Schirmherrschaft von S.E. Friis Arne Petersen, Botschafter des Königreichs DÀnemark in Deutschland

Themen der Ausstellung

Kunst im Aufbruch – Das Goldene Zeitalter der dĂ€nischen Malerei

Nachdem Christoffer Wilhelm Eckersberg mehrere Jahre in Paris und Rom verbracht hatte, kehrte er 1816 nach Kopenhagen zurĂŒck. Mit diesem Datum nimmt das Goldene Zeitalter der dĂ€nischen Malerei seinen Ausgang. Diese Hochphase innerhalb der dĂ€nischen Kunst hatte bis 1848 Bestand, als mit der Schleswig-Holsteinischen Erhebung eine politisch bewegte Zeit begann, die im Deutsch-DĂ€nischen Krieg 1864 kulminierte.
Eckersberg sollte von 1818 an fĂŒr mehrere Jahrzehnte als Professor an der Königlich DĂ€nischen Kunstakademie in Kopenhagen wirken und in dieser Zeit zahlreiche Reformen in die Wege leiten. Insbesondere förderte er das Freilichtstudium und praktizierte mit seinen SchĂŒlern bereits das Malen in der Natur vor dem Motiv. Diese PrĂ€gung war fĂŒr Christen KĂžbke, einen der talentiertesten SchĂŒler Eckersbergs, zentral. Im kleinen Format nĂ€herte er sich seiner unmittelbaren Umgebung und setzte diese mit einem besonderen GespĂŒr fĂŒr Naturdetails wie auch deren Stimmungswerte ins Bild.
Der als Historien- und Genremaler tĂ€tige Wilhelm Marstrand hatte ebenfalls bei Eckersberg studiert. Zwei Reisen fĂŒhrten ihn nach Italien, wovon er in motivischer Hinsicht maßgeblich profieren sollte. Von 1853 bis 1857 und von 1863 bis 1873 war er zudem als Direktor der Kopenhagener Kunstakademie tĂ€tig und hatte infolgedessen wesentlichen Einfluss auf die Ausrichtung der KĂŒnste in DĂ€nemark nach dem Ende des Goldenen Zeitalters.

Auf IdentitĂ€tssuche – Nationalromantische Perspektive

Krieg und Konflikte prĂ€gten das dĂ€nische Königreich im 19. Jahrhundert – Die Maler Johan Thomas Lundbye, P. C. Skovgaard und Vilhelm Kyhn wirkten in politisch Ă€ußerst angespannten Zeiten. Auf ihren GemĂ€lden ist davon jedoch nichts zu sehen, hier herrscht friedliches Sommeridyll. Sanfte HĂŒgel, dichte BuchenwĂ€lder und KĂŒstenlinien prĂ€gen ihre Motive. Diese fanden vor allem Lundbye und Skovgaard auf Seeland, wĂ€hrend Kyhn bis an die entlegensten Orte DĂ€nemarks reiste und damit zu einer kĂŒnstlerischen Erschließung des Landes beitrug. Das Wirken der Maler stand im Dienst der nationalen Kunstprogrammatik des seiner Zeit höchst einflussreichen Kunstkritikers Niels Lauritz HĂžyen. Ihre Werke stellen daher jene Merkmale der dĂ€nischen Natur und Geschichte dar, die HĂžyen im Dienst der nationalen IdentitĂ€tsbildung von den dĂ€nischen KĂŒnstlern reprĂ€sentiert wissen wollte. Dabei schufen sie viel beachtete GemĂ€lde, die  eine forcierte Wirklichkeitssicht  mit idealisierenden Elementen verbinden  und welche bis heute den gĂ€ngigen Vorstellungen prototypisch dĂ€nischer Landschaften entsprechen.

Regionale Refugien – Die FĂŒnen-Maler

FĂŒnen ist die zweitgrĂ¶ĂŸte dĂ€nische Insel, die in kĂŒnstlerischer Hinsicht  lange im Schatten Seelands stand. Ende des 19. Jahrhunderts kehrte allerdings eine Gruppe in Kopenhagen ausgebildeter fĂŒnischer Maler in ihre Heimat zurĂŒck und siedelte ihr Wirken dauerhaft auf der Insel an.
Enge freundschaftliche Bande verband die drei Hauptvertreter der sogenannten FĂŒnen-Maler, Fritz Syberg, Peter Hansen und Johannes Larsen. Gelernt hatten sie an der freien KĂŒnstlerschule Kunstnernes Frie Studieskoler, und  zusĂ€tzliche Impulse erhielten sie von ihrem Kollegen, dem  Impressionisten Theodor Philipsen. Die FĂŒnen-Maler machten sich zur Aufgabe, das alltĂ€gliche Leben auf der Insel im Wechsel der Jahreszeiten auf eine möglichst natĂŒrliche Art und Weise einzufangen. Obwohl die Maler mit ihren teils naiv anmutenden Sujets  zu Beginn des 20. Jahrhunderts auch auf  Kritik stießen, verkauften sich  ihre Werke ausnehmend gut.  Auch der Sammler Wilhelm Hansen, der in Kinderzeiten das Klassenzimmer mit Peter Hansen geteilt hatte, fand Gefallen an den Werken der FĂŒnen-Maler, weshalb mehrere ihrer GemĂ€lde in seine Sammlung gelangten.

Theodor Philipsen – Facetten des dĂ€nischen Impressionismus

Das Werk von Theodor Philipsen (1840–1920) steht fĂŒr die Errungenschaften der Freilichtmalerei. Gleichzeitig vermittelte der KĂŒnstler die Anschauungen des französischen Impressionismus nach DĂ€nemark. 1875 hatte sich Philipsen mit seinem KĂŒnstlerfreund Laurits Tuxen nach Paris aufgemacht, um dort im Atelier von LĂ©on Bonnat zu arbeiten.
Mit seiner Kunst wirkte Philipsen in DĂ€nemark modellbildend und wurde etwa auch von den FĂŒnen-Malern (Kapitel 3) geschĂ€tzt. Diese ließen sich von seinen dynamischen Pinselstrichen, aber auch von seinem packenden Zugriff auf Licht- und Schattenwirkungen anregen. Oftmals verfĂŒgen seine Kompositionen ĂŒber einen starken Tiefenzug, wodurch die BildrĂ€ume zusĂ€tzlich dynamisiert werden. In thematischer Hinsicht blieb fĂŒr ihn das Landleben die prĂ€gende Inspirationsquelle, wobei er bereits frĂŒh ein besonders Faible fĂŒr die Wiedergabe von Tieren besaß.
Aufgrund seiner Freundschaft mit Paul Gauguin, der sich 1884/85 in Kopenhagen aufgehalten hatte, empfing Philipsen weitere wichtige Impulse fĂŒr sein Schaffen, die sich auch in seiner Maltechnik niederschlagen sollten.

Lauritz Andersen Ring – An den Schwellen des Sachlichen

Der sowohl als Realist wie auch als Symbolist tĂ€tige Lauritz Andersen Ring (eigentlich Lauritz Andersen, 1854–1933) zĂ€hlt zu den vielseitigsten dĂ€nischen Malern des Fin de SiĂšcle. Als Sohn eines Radmachers war Ring in bescheidenen VerhĂ€ltnissen im SĂŒden Seelands aufgewachsen. Ab 1881 benannte er sich zusĂ€tzlich nach seinem Heimatdorf Ring, um dadurch Verwechslungen mit einem gleichnamigen Kollegen zu vermeiden. Zugleich verdeutlicht die Namenswahl  seine Verbundenheit mit der Provinz.
Zeit seines Lebens sympathisierte der sozialpolitisch engagierte Maler mit den SchwĂ€chsten der Gesellschaft. In seinem frĂŒhen Schaffen brachte er vor allem die Lebenswelt der Bauern, Arbeiter und gesellschaftlich Ausgestoßenen auf die Leinwand. Nach seiner 1896 erfolgten Heirat mit Sigrid KĂ€hler erweiterte der KĂŒnstler seinen Motivkreis um landschaftliche Themen. Der Heimatregion Seelands galt dabei sein besonderes Augenmerk. Dabei folgte er den Spuren der Maler des Goldenen Zeitalters, um gleichzeitig mit den nationalromantischen Traditionen der Landschaftsmalerei zu brechen. Ungewöhnliche Perspektiven, LinienfĂŒhrungen und Schwellenmotive prĂ€gen sein vielseitiges ƒuvre, das zudem von einer Todesmetaphorik durchzogen ist.
Als reifer KĂŒnstler zĂ€hlte Ring zu den anerkanntesten GrĂ¶ĂŸen seiner Generation. Dennoch entschied er sich gegen ein mondĂ€nes Großstadtleben und fĂŒr die Abgeschiedenheit des Landlebens.

Vilhelm HammershĂži – RĂ€ume der Stille

In den Jahren um 1900 gelang es Vilhelm HammershĂži (1864–1916), der traditionsreichen Gattung des Interieurs neue Facetten abzugewinnen. Seine InnenrĂ€ume sind Manifeste der Leere und der Stille. Aufgrund der spĂ€rlichen Möblierung der RĂ€ume treten deren geometrische QualitĂ€ten besonders in Erscheinung. Der Zug einer leisen Melancholie umfĂ€ngt uns angesichts dieser Bilder. Die Zeit scheint in den RĂ€umen angehalten, jegliche Bewegung aus ihnen verbannt zu sein. Der Blick ist ein privater, denn die Darstellungen sind fast ausnahmslos in HammershĂžis Wohnungen entstanden. Sind Personen zu sehen, handelt es sich zumeist um Ida, die Frau des KĂŒnstlers. Dennoch lĂ€sst sich ĂŒber die Dargestellten keine BrĂŒcke zum Betrachter schlagen. Stattdessen verharren diese scheinbar regungslos in den RĂ€umen und zugleich wirkt es so, als wĂ€hnen sie sich dabei unbeobachtet. HammershĂžis InterieurgemĂ€lde bestechen durch ihre ganz spezifische AtmosphĂ€re. Dazu trĂ€gt auch die auf wenige Werte reduzierte Farbpalette bei. Das Licht entfaltet in den RĂ€umen sein suggestives Spiel und avanciert dabei zum maßgeblichen Akteur.