Moritz von Schwind
Entwurf zur Zauberflöte, um 1852
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Moritz von Schwind

Entwurf zur Zauberflöte, um 1852

Moritz von Schwind

Entwurf zur Zauberflöte, um 1852

In einem musischen Wiener Elternhaus aufgewachsen, lernte Moritz von Schwind früh Franz Schubert kennen. Die Bekanntschaft zu dem Komponisten und dessen vielseitig gebildetem Freundeskreis vertiefte seine Liebe zur Musik und inspirierte ihn zeitlebens zu musisch orientierten Schöpfungen. Nachdem die Entwürfe für ein „Schubertzimmer“ mit Darstellungen der berühmten Liederzyklen nicht zur Ausführung kamen, begann Schwind 1850 erneut mit Skizzen für ein Musikzimmer. Die großen, in mehrteilige Wandfelder aufgeteilten Fresken sollten den bedeutenden Komponisten der Wiener Klassik geweiht werden. So plante Schwind eine Wand für die Darstellung von Beethovens „Phantasie“, eine weitere für die Werke Mozarts und die übrigen als bildliche Umsetzungen der Musik von Joseph Haydn.
Die Illustration zu Mozarts „Zauberflöte“ bildete das geplante Gegenstück zu den bereits 1848/49 begonnenen Entwürfen für die „Symphonie“, deren Grundlage Beethovens Chorphantasie in c-moll, op. 80 war. Ähnlich ist unser aquarellierter Entwurf zur „Zauberflöte“ gegliedert: Gerahmt von einem architektonischen Sockelfeld, Medaillons und Lünettenzone, werden die Hauptszenen der Oper in einer dreistöckigen Inszenierung dargestellt. Die unterste Szene zeigt, eingefasst von den Statuen der Isis und Osiris, die Königin der Nacht, die Tamino erscheint. Das Hamburger Blatt besticht besonders durch die unterschiedlichen Stadien seiner Ausführung. So wirkt diese Szene gegenüber den in Bleistift ausgeführten Darstellungen durch die Aquarellierung besonders reizvoll: Hinterfangen von der nächtlichen Stimmung der blau-grauen Tönung, hebt sich die Königin der Nacht mit ihrem flatternden Gewand vor der hell erleuchteten Scheibe des Mondes ab. Darüber halten Putti das lorbeerbekränzte Portrait Mozarts empor.
Die bühnenhafte Komposition des mittleren Bildes zeigt die drei Knaben, die Tamino zur Verschwiegenheit auffordern, damit er im Reich des Sarastro bestehen kann. Kaum sichtbar erhebt sich darüber die Bleistiftskizze mit dem "Mohrentanz", links davon die in den Abgrund stürzende Königin der Nacht mit ihrem Hofstaat und rechts die glücklich vereinten Papageno und Papagena. Den Abschluss bildet der Triumphzug von Tamino und Pamina, begleitet von Sarastro in einem von Löwen gezogenen Wagen und den drei Knaben.
Bereits im April 1850 berichtete Schwind in einem Brief an den befreundeten Musiker Bernhard Schädel von ersten Zusammenstellungen der Szenen und 1852 von seiner Freude „am Reichtum des Stoffes“ (vgl. Ausst.-Kat. Moritz von Schwind. Zeichnungen und Aquarelle. Staatliche Kunsthalle Karlsruhe 1937, S. 27) . Trotz seiner Bemühungen wurden die Pläne für das Musikzimmer nie realisiert. Allein der Entwurf für Beethovens „Symphonie“ wurde 1852 in Leinwand ausgeführt (München, Bayerische Staatsgemäldesammlungen, Neue Pinakothek), während Schwind einzelne Kompositionen aus dem „Zauberflöten“-Aquarellentwurf 1864-67 bei der Ausmalung der „Loggia“ des Wiener Hofopernhauses verwandte.

P. R.

Details zu diesem Werk

Provenienz

Sammlung Familie von Ravenstein, Karlsruhe (Paul von Ravenstein (1854-1938), verheiratet seit 1886 mit Helene von Schwind (1855-1949)); ?; Helmut Domizlaff, München; Karl & Faber, München, Auktion 64, 10./11. Juni 1958, Nr. 394; dort erworben mit Mitteln der Campe'schen Historischen Kunststiftung, 1958

Bibliographie

Zum Sehen geboren. Handzeichnungen der Goethezeit und des 19. Jahrhunderts. Die Sammlung Dräger/Stubbe, hrsg. von Brigitte Heise, Leipzig 2007, S.328

Moritz von Schwind. Zauberflöte, hrsg. v. Brigitte Hauptner, Ausst.-Kat. Österreichische Galerie Belvedere, Oberes Belvedere, Wien 2004, S.11-12, 24, 52, 54-55, 60, 66, 82, 86, Abb.4 auf S. 55

Moritz von Schwind und Ludwig van Beethoven. Ein Maler der Romantik und seine Begeisterung für die Musik, hrsg. von Michael Ladenburger, Silke Bettermann, Bonn 2004, S.38, 87, Nr.50, Kat. Nr. 51, Kat. Nr. 53, Abb.50 auf S. 50, Abb. 51 auf S. 51 (Detail), Abb. 53 auf S. 53 (Detail)

Peter Prange, Petra Roettig, Andreas Stolzenburg u. a.: Von Runge bis Menzel. 100 Meisterzeichnungen aus dem Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle 2003, S.158, Nr.74, Abb.S. 159

Peter Prange, Petra Roettig, Andreas Stolzenburg u.a.: Ideas on Paper. 100 Masterdrawings from the collections of the Hamburger Kunsthalle (in griech. Sprache), hrsg. von Marilena Cassimatis, Andreas Stolzenburg, Ausst.-Kat. Athen, Nationalgalerie 2003, S.210, Nr.90, Abb.

Barbara Rommé: Moritz von Schwind - Fresken und Wandbilder, Ostfildern-Ruit 1996, S.103

Moritz von Schwind. Meister der Spätromantik, Ausst.-Kat. Staatliche Kunsthalle Karlsruhe; Museum der bildenden Künste, Leipzig 1996, S.189-190, 229, Nr.294, Abb., bei Nr. 403 a-c

Ulrike Olbrich: Moritz von Schwind und die musikalische Bildung, Ausst.-Kat. Staatliche Kunsthalle Karlsruhe; Museum der bildenden Künste, Leipzig, Ostfildern-Ruit 1996, S.81-82

Von Dürer bis Baselitz. Deutsche Zeichnungen aus dem Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle 1989, S.134-135, Abb., Nr.61

De Dürer à Baselitz. Dessins allemandes de la Kunsthalle de Hamburg Paris 1988, S.134, Nr.61, Abb.S. 135

Rosel Gollek: Moritz von Schwind und seine Komposition „Die Symphonie", in: Ausst.-Kat. Spitzweg, Schwind, Schleich, Karlsruhe 1984, S.46, Abb.S. 45

Eckhard Schaar: Die gezeichnete Welt, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle, Hamburg 1977, S.o.S., Abb.

Gerhard Pommeranz-Liedtke: Moritz von Schwind. Maler und Poet, Leipzig 1974, S.159, Nr.82, Abb.82

Die Campe'sche Historische Kunststiftung. Erwerbungen seit 1945, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle; Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg, Hamburg 1964, S.30, Nr.346

Wolf Stubbe: Erwerbungen für die Graphische Sammlung im Jahre 1957/58. Handzeichnungen Älterer Meister, in: Jahrbuch der Hamburger Kunstsammlungen 4, Hamburg 1959, S. 159-172, S.172

Kunst aus 5 Jahrhunderten vornehmlich Graphik - Handzeichnungen Aquarelle - Ölgemälde (dabei eine Romantiker-Slg.), Auktion 64, 10.-11. 06. 1958, Karl & Faber, München 1958, S.65, Nr.394, Abb.65

Erhard Göpel: Karl & Faber, München, in: Die Weltkunst 1958, S. 28, S.28

Arthur von Schneider: Deutsche Romantiker-Zeichnungen, München 1942, S.XVI, Nr.47, Abb.

Moritz von Schwind. Zeichnungen und Aquarelle, Ausst.-Kat. Staatliche Kunsthalle Karlsruhe 1937, S.28, Nr.100

Meisterwerke der deutschen Romantik. Sonderausstellung der Freunde der Kunsthalle e. V., Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle 1935, Nr.190 ((?))

Moritz von Schwind. Briefe, hrsg. von Otto Stoessl, 1924, S.529, Anm. 358

Otto Weigmann: Schwind. Des Meisters Werke, Klassiker der Kunst, Bd. 9, Stuttgart u. a. 1906, S.548, 582, Abb.S. 282